Geschichten-Kritik: Ferngesteuert

PhiroEpsilon

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Dec 16, 2015
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Hallo,

Wenn ihr wollt, könnt ihr euch mal über diese Geschichte auslassen.

Hintergrund: Es ist ja schwer herauszufinden, welche Geschichten wirklich gut ankommen, weil die Ratings aufgrund des ständigen Downvotens immer wieder rauf- und runtergehen. Nachdem die oberste Leitung mal wieder eine Bereinigung durchgeführt hat, sind die meisten meiner Geschichten auf über 4.6 und beim Rest weiß ich weitgehend, woran es liegt. Aber für die hier habe ich nur positive Reaktionen bekommen, und trotzdem dümpelt sie bei 4.55 herum. Ideen, warum das so ist?

Grüße
Phiro

@Auden: Diese Geschichte hat keinerlei literarische Ambitionen, also brauchst du dich darüber nicht auszulassen.
 
Ich hatte angefangen, musste mich dann aber anderen Dingen widmen. Ggf. später weiteres Feedback.

Ich bin an diesem Satz hängengeblieben:

"Tina war meine jüngere Schwester."

Du schreibst den Text in der Vergangenheitsform. Wenn Tina zum Zeitpunkt, an dem der Bruder die Geschichte erzählt, nicht tot ist, ist sie immer noch seine Schwester. Hier würde ich für diesen einen Satz in die Gegenwart wechseln.

swriter
 
Ich habe deine Geschichte eben gelesen, und ich kann nur sagen, mir gefällt sie wirklich gut. Das kann - und werde - ich auch gern noch etwas detaillieren.

Wozu ich wesentlich weniger sagen, ist, warum sie bei 4,55 "herumdümpelt". Halt, doch, mir fällt was ein! Angeber :p Nee, Quatsch, ist nicht ernst gemeint :) Aber ehrlich - wenn ich mir so anschaue, welche Geschichten hier welche Noten erreichen, würde ich empfehlen, nicht allzu viel Energie in die Klärung der Frage zu investieren, woher eine Abweichung von einer halben Nachkommstelle kommt ;)

Was mir an der Geschichte gefällt: Vor allem die Handlung. Das steckt ganz schlicht viel Einfall drin. Die ganze Situation, das doppelt ferngesteuerte Blind Date, die Symmetrie des Dates und der Situation zu Hause. Gefällt mir gut, das ist überraschend, originell und interessant. Und der Humor kommt ebenfalls nicht zu kurz. Auch das softe, eher romantische Setting passt gut zu einem Wettbewerb.

Die sprachliche Gestaltung gefällt mir auch, speziell die Dialoge finde ich gelungen, lustig, kurz und lebensnah, wobei mir die erste Hälfte hier noch etwas positiver aufgefallen ist.

Ich kann auch gerne versuchen, den verlorenen 0,05 Punkten hinterher zu fahnden, aber Achtung: Das kommt aus dem Bereich maximalsubjektiv. Einfach nur mein Eindruck, ohne jeden Geltungsanspruch. Das betrifft die Dialoge, aber auch die Beschreibung in den Sexszenen:

"Jaaa!", schrie sie. "Nimm mich! Zeig mir, wer der Herr..."

""Aaah!" Ich zuckte zusammen, als ich in ihren heißen Mund eintauchte..."

Das klingt für mich irgendwie zu klischeehaft, zu sehr nach Porno für den sonst gewählten Stil. Aber wie gesagt: Das ist einfach nur mein Eindruck.

Mehr fällt mir nicht auf :)
 
So, habe jetzt gelesen.

Andreas ist der Computerfreak, aber Karl ist derjenige, der auf die Idee mit der Kamerabrille kommt und in dessen Besitz er ist? Kann ja sein, hier hätte ich mir eine Erklärung gewünscht, warum er so ein spezielles Gimmick besitzt. Und an Ende erfährt man, dass es sogar zwei Exemplare in dem Haushalt gibt.

Zufälle gibt es ja immer wieder. Dass sie sich unbekannter Weise über ein Forum für Erotikgeschichten kennen - unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich (ich habe eine Story geschrieben, da ist der Bruder Literotic-Autor und die Schwester ist Fan seiner Storys, ohne zu wissen, dass er es ist). Dass da durch Kommentare/Kritiken Liebe entstanden sein soll - doch schon an den Haaren herbeigezogen. Zumal am Tisch nicht die Liebe zum Vorschein kommt, sondern offenbar pure Begierde.

Er ist Anfang 30 und heißt Karl. Spontan hätte ich gesagt, der Name ist zu altmodisch für das Alter. Aber vielleicht lebt er in Bayern, wo alte Namen eher an Neugeborene vergeben werden?

Es geht voll ab und du schreibst über Scheide und Penis. Finde ich unpassend. Für die Stimmung hätten Schwanz und Muschi besser gepasst.

"Wenn du also zukucken willst"
Aua, Rechtschreibfehler.

Der erste Teil war interessant und humorvoll, auf Seite 2 bekommt man eher Beziehungsprobleme geboten. Vielleicht ist das ein Grund, warum diese Story etwas schwächer bewertet ist.

swriter
 
Ochjo, ich sehe das eher so wie Phlegeton. Die Idee ist ganz nett und originell, und die Umsetzung ist kurz und knackig, ohne Längen, dafür mit ein bisschen feinem Humor geschrieben. Das ist etwas, was mir echt gut gefällt, ich selbst aber irgendwie nicht hinbekomme (in Zusammenhang mit Erotik).

Dass die Pflichtvokabeln einfach völlig sinnfrei in den ersten Satz gepackt werden und damit die Voraussetzung für den Wettbewerb erfüllt wird, brachte mich echt zum Grinsen, das ist RealLife in so manchem Job. Wer IATF-Audits kennt, weiß, was ich meine ;-)

Dass nerdy Andreas nicht direkt merkt, dass Tina auch eine Soufflierhilfe auf der Nase hat, kann an seiner Nervosität liegen und muss nicht unbedingt dem Autor anzulasten sein ;-) Auch, wenn es mich als nerdy Leser etwas überraschte. Aber damit steht und fällt halt der Plot.

Der kleine Stilbruch gegen Ende hin ist für mich völlig in Ordnung. Gänseblümchen-Tina bricht mal aus ihrer (sebstgewählten?) Verstocktheit aus und wird zur [hier individuell aufregende Blume einsetzen]. Die freiere Gangart im Zusammensein mit ihrem Mann rechtfertigt auch eine direktere Wortwahl bei der Beschreibung desselben.

Zu den Bewertungen...? Hmm, keine Ahnung. Vielleicht stolpern da mehr linkshändige Einhandleser drüber, die vielleicht was anderes suchen und mehr Mühe mit der Maus haben, weiter zu springen als Rechtshänder, und dann aus Bequemlichkeit doch bei einer Geschichte bleiben, die sie sonst weitergeklickt hätten und dann eben entsprechend einen Tick schlechter bewerten, nachdem sie mehr Mühe mit sich selbst hatten, als erwartet?

Ich habe keine Ahnung, wie das so kommt. Gefällt mir eine Story nicht, gehe ich weiter und komme gar nicht erst bis zu den Klick-Sternchen. Da muss schon exorbitant viel Müll stehen, dass ich mir die Mühe mache, dem in einer Bewertung Ausdruck zu geben. Vermutlich geht das vielen so, und das sorgt schon für einen BIAS bei denen, die bis zum Ende kommen. Und dann scheinen Stil und Co. keine allzu große Rolle mehr zu spielen, dann ist es vielleicht wirklich nur davon abhängig, wer liest, oder mit welcher Laune, Müdigkeit, Entspanntheit... ich glaube nicht, dass es sich lohnt, darüber zuviel nachzudenken, solange es nicht zu tief geht, drei und weniger oder so, um mal irgendwas zu nennen.
 
So, habe jetzt gelesen.

(1) Andreas ist der Computerfreak, aber Karl ist derjenige, der auf die Idee mit der Kamerabrille kommt und in dessen Besitz er ist? Kann ja sein, hier hätte ich mir eine Erklärung gewünscht, warum er so ein spezielles Gimmick besitzt. Und an Ende erfährt man, dass es sogar zwei Exemplare in dem Haushalt gibt.

Zufälle gibt es ja immer wieder. Dass sie sich unbekannter Weise über ein Forum für Erotikgeschichten kennen - unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich (ich habe eine Story geschrieben, da ist der Bruder Literotic-Autor und die Schwester ist Fan seiner Storys, ohne zu wissen, dass er es ist). Dass da durch Kommentare/Kritiken Liebe entstanden sein soll - doch schon an den Haaren herbeigezogen. Zumal am Tisch nicht die Liebe zum Vorschein kommt, sondern offenbar pure Begierde.

(2) Er ist Anfang 30 und heißt Karl. Spontan hätte ich gesagt, der Name ist zu altmodisch für das Alter. Aber vielleicht lebt er in Bayern, wo alte Namen eher an Neugeborene vergeben werden?

(3) Es geht voll ab und du schreibst über Scheide und Penis. Finde ich unpassend. Für die Stimmung hätten Schwanz und Muschi besser gepasst.

(4) "Wenn du also zukucken willst"
Aua, Rechtschreibfehler.

(5) Der erste Teil war interessant und humorvoll, auf Seite 2 bekommt man eher Beziehungsprobleme geboten. Vielleicht ist das ein Grund, warum diese Story etwas schwächer bewertet ist.

swriter
Hallo,

(1) das hast du falsch verstanden: "Nein!", protestierte er (Andreas). "Ich habe eine viel bessere Idee."

(2) Ich weiß nicht, wie ich damals auf "Karl" gekommen bin, aber es gibt (gottseidank) genug Eltern, in Deutschland, die ihren Kindern Namen geben. ohne auf die aktuellen Trends zu hören.

(3), (5) Nehme ich mir zu Herzen.

(4) Aber nein! Dieselbe Diskussion haben wir damals im Romane-Forum auch geführt. Siehe z.B. https://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/zwiebelfisch-abc-gucken-kucken-a-317866.html Ich habe "k"ucken gelernt.

Danke fürs Lesen und kommentieren. Auch an Phlegeton und Doc_M1.
Phiro
 
Habe die Geschichte heute Vormittag gelesen, aber absichtlich noch etwas gewartet, hier einen Kommentar abzugeben. Wie sagt man? Sacken lassen? Oder aber nach dem Grund suchen, warum ich der Geschichte keinen High-Five verpassen konnte.

Die Idee ist wirklich originell (zumindest mir ist sie bisher so noch nicht über den Bildschirm gekommen), aber vielleicht... zu wenig ausgefeilt? Da wäre mehr möglich gewesen - der Spannungsbogen hätte länger aufrecht erhalten bleiben können. Ab dem Moment, in dem der Protagonist erklärt, dass seine Schwester keine Brille trägt, hatte sich der Plot - für mich viel zu früh - offenbart. Das hätte man z.B. etwas hinauszögern, oder zumindest verwischen können, indem die Schwester auch sonst eine Brille trägt (vielleicht aber nur zum Lesen), diese jedoch dem Protagonisten nicht bekannt vorkommt und er sich die Frage stellt, ob sie sich ausgerechnet für ein Blind-Date eine neue Brille zugelegt hat.

Das auf der anderen Seite "seine Frau spricht", fand ich auch etwas zu hastig aufgelöst. Auch da wäre es möglich gewesen, die Sache mit mehr Unsicherheit zu versehen und daraus eventuell gar ein Spiel zu machen, wo dann der Protagonist tatsächlich herausfinden möchte, ob da auf der anderen Seite seine Frau sitzt.

TLDR: Eine meines Erachtens wirklich gute Idee, die, vielleicht vor lauter Eile, nicht voll ausgeschöpft wurde.

Dennoch besten Dank, dass Du Deine Geschichte hier zur Diskussion gesetzt hast.

Liebe Grüsse

Djinn
 
Habe die Geschichte heute Vormittag gelesen, aber absichtlich noch etwas gewartet, hier einen Kommentar abzugeben. Wie sagt man? Sacken lassen? Oder aber nach dem Grund suchen, warum ich der Geschichte keinen High-Five verpassen konnte.

Die Idee ist wirklich originell (zumindest mir ist sie bisher so noch nicht über den Bildschirm gekommen), aber vielleicht... zu wenig ausgefeilt? Da wäre mehr möglich gewesen - der Spannungsbogen hätte länger aufrecht erhalten bleiben können. Ab dem Moment, in dem der Protagonist erklärt, dass seine Schwester keine Brille trägt, hatte sich der Plot - für mich viel zu früh - offenbart. Das hätte man z.B. etwas hinauszögern, oder zumindest verwischen können, indem die Schwester auch sonst eine Brille trägt (vielleicht aber nur zum Lesen), diese jedoch dem Protagonisten nicht bekannt vorkommt und er sich die Frage stellt, ob sie sich ausgerechnet für ein Blind-Date eine neue Brille zugelegt hat.

Das auf der anderen Seite "seine Frau spricht", fand ich auch etwas zu hastig aufgelöst. Auch da wäre es möglich gewesen, die Sache mit mehr Unsicherheit zu versehen und daraus eventuell gar ein Spiel zu machen, wo dann der Protagonist tatsächlich herausfinden möchte, ob da auf der anderen Seite seine Frau sitzt.

TLDR: Eine meines Erachtens wirklich gute Idee, die, vielleicht vor lauter Eile, nicht voll ausgeschöpft wurde.

Dennoch besten Dank, dass Du Deine Geschichte hier zur Diskussion gesetzt hast.

Liebe Grüsse

Djinn
Upps, ich hätte noch hinzufügen sollen, dass diese Geschichte im Rahmen eines Wettbewerbs entstanden ist, und deswegen einer Wortgrenze unterlag.

Ich hätte sie für Literotica wohl noch etwas aufpolstern können und sollen, aber so etwas muss man mir erst sagen. Von alleine komme ich meistens nicht auf die Idee.

Danke
Phiro
 
Vielleicht etwas spät, aber trotzdem.

Vieles wurde schon gesagt, aber meine Erklärung für die „schlechte“ Bewertung wäre:
  • Zu wenig sexuelle Spannung. Wie Djinn schon ansprach, fehlt da der Spannungsbogen. Irgendwann hat das Pärchen auf einmal wilden, aber letztlich auch irgendwie belanglosen Sex. Dass sie überhaupt Sex haben, ist ja nicht mal eine Besonderheit. Irgendwie entdecken sie sich neu, aber hatten sie sich davor überhaupt so sehr voneinander entfernt? Dadurch wirkt die Sexszene für mich zu aufgesetzt, frei nach dem Motto, das ist ne Sex-Geschichte, also muss da Sex rein. Der spannendere Teil wäre vielleicht die sexuelle Annäherung der anderen beiden gewesen?
  • Fehlender Fokus. Am Ende geht es also darum, dass das alteingesessene Pärchen sich wiederfindet und den nächsten Schritt Richtung Familie geht. So schön, wie interessant. Davor geht es aber nicht wirklich um die Beziehung der beiden. Es wird nicht wirklich deutlich, ob zwischen ihnen Spannungen herrschen, ob sie Trennungsgedanken, Sorgen etc. haben. Stattdessen wird eine völlig andere Geschichte eingeschoben, nämlich die der Schwester. Diese ist ansich zwar originell und witzig bzw. interessant, passt für mich aber nicht in Kombination mit der anderen Pärchengeschichte. Beide für sich hätten vielleicht funktioniert, so wirkte es eher wie nichts halbes und nichts ganzes. Und wenn in dem Moment des Blind Dates, wo gerade so etwas wie Spannung entsteht, die beiden sich „aus dem Nichts“ sofort als Internetbekanntschaften identifizieren, na dann kann ich dabei leider mit dem besten Willen keine Glaubwürdigkeit mehr finden.
Kurzum, weniger wäre hier vielleicht mehr. Insbesondere da es sich um eine Kurzgeschichte handelt.

Den Satz hier fand ich aber super:
„Sarah drehte sich zu mir und grinste mich an. "Gott, ist das geil, solche Sprüche loszulassen."“

Lieben Gruss
Mayia
 
Es ist doch immer wieder interessant zu lesen, was anderen aus bestimmten Geschichten machen.

@Mayia: Ich kann alles nachvollziehen, was du schreibst, würde es aber zuindest in Teilen anders interpertieren. Was den Spannungsbogen und den Fokus angeht, lebt die Geschichten für mich von einem spiegelbildlichen Aufbau: Die Einmischung in das Liebesleben eines anderen Paares, der teils voyeuristische Aspekt, und die Rückkopplung auf die eigene Beziehung, die das Verhalten Karls und Sarahs auf sie selber hat.

Was deinen Lieblingssatz angeht, der klänge bei mir so:
"Sarah drehte sich zu mir und sah mich grinsend an. "Gott, ist das nicht einfach geil, so Sprüche loszulassen."
Und vermutlich bin ich wieder mal der Einzige, der einen Unterschied fest stellt 😋
 
Was den Spannungsbogen und den Fokus angeht, lebt die Geschichten für mich von einem spiegelbildlichen Aufbau
Was genau siehst du da als spiegelbildlich?
Bzw. was genau meinst du mit spiegelbildlich?
Und welche Spannung wird aufgebaut?
Will man nach der Hälfte oder irgendwann mittendrin erfahren was weiter passiert?
Nachdem die Situation mit der Brille aufgelöst ist, ist die Spannung für mich weg.

Die Einmischung in das Liebesleben eines anderen Paares, der teils voyeuristische Aspekt, und die Rückkopplung auf die eigene Beziehung
Das ist ein interessanter Aspekt. Dabei kommt mir aber alles zu kurz. Die Einmischung wird nach kürzester Zeit aufgelöst (auf eine für mich, nicht logische Weise). Der voyeuristische Aspekt kommt ebenfalls nicht zur Geltung, weil alles was vielleicht beobachtet werden könnte, nicht beobachtet wird.

Findet dann auch noch eine Rückkopplung statt? Nach 5 min Soufflieren bei einem „Blind Date“?

Ich sehe das Potenzial. Alles was du schreibst, Phlegi, wäre interessant gewesen auszuführen. Aber das ist hier nicht geschehen.

Das heißt im übrigen nicht, dass die Geschichte schlecht ist oder schlecht geschrieben.

Lieben Gruss
Mayia
 
Was mir aufgefallen ist:

- du willst Dialoge "realistisch" schreiben. Das führt zu den Auslassungspünktchen, den Hmm, den Jaa, hör auf, na gut, usw. Beim Dialogeschreiben geht es aber nicht darum, möglichst realistisch zu sein, sondern interessant, spannend, überraschend. Anstatt dir zu überlegen, was diese Person wohl in dieser Situation realistischerweise sagen würde, kannst du versuchen, in den Dialogen mehr über den Charakter, die Absicht und den Gemütszustand einer Person zu verraten.
- dann beschreibst du zwischen Dialogen sehr häufig, was diese Person gerade tut, um ihre Worte zu unterstreichen. Das finde ich grundsätzlich sehr gut und auch sprachlich vielseitig. Auf Dauer sind es aber viele Äusserlichkeiten. Etwas mehr im Kopf des Protagonisten zu sein und seine Gedanken zu erfahren, könnte der Geschichte guttun. In einem anderen Thread schreibst du, man sollte in einer Erotikgeschichte nahe an der Person sein. Das bist du aber gerade nicht.

dass die Bewertung wenig über die Qualität einer Story aussagt, darüber müssen wir wohl nicht diskutieren ;-)
 
Last edited:
Danke an alle, die inzwischen noch etwas geschrieben haben. Gut, dass es recht widersprüchliche Aussagen sind. Das beweist nämlich, dass man es nicht jedem recht machen kann.

Grüße
Phiro
 
@phiro...

Habe deine Short-Story gerade gelesen.
Erster Eindruck: positiv.
Werde mich in den nächsten Tagen ausführlicher dazu äußern.

Grüße
"Rosi (der LIT-RANICKI) *smile?
 
@Mayia :
Mit spiegelbildlich meine ich die beiden Beziehungen: Hier das junge Paar, dass sich erst finden muss, und demgegenüber das ältere Paar, das sich erst wieder finden muss. Das ist für mich eine Entsprechung, vielleicht auch etwas ironisch: Man denkt, man sei in der Phase, andere zu coachen, und übersieht die eigenen Probleme. Das sehe ich auch im Aufbau der Geschichte: die doppelte räumliche Nähe, das Happy-End, beide haben Sex. Insofern spiegelbildlich, auch wenn man sicher einen anderen Begriff hätte wählen können.

Was den Spannungsbogen angeht: Der ist hier nicht der klare Anstieg mit Höhepunkt, über den deine Geschichte "Anna" verfügt. Aber es ist in der Konstruktion irgendwie organisch, bildet eine Einheit, gerade unter Berücksichtigung dessen, was ich oben versucht habe mit spiegelbildlich zu beschreiben: Man erwartet nach dem ersten Date vielleicht keinen zweiten Teil, und das erscheint als Spannungsbruch. Aber gerade wenn ich es noch mal lese fällt mir auf, dass es in sich stimmig ist, und sich zum Ende alles löst. Von daher sehe ich keinen Spannungsabfall, und die Art von Geschlossenheit in Aufbau und Idee, die mir gerade wichtig ist bei einer guten Geschichte.

@PhiroEpsilon: Dass man es niemals allen recht machen kann, stand doch schon immer außer Frage :p Aber ehrlich, wer versucht das schon. Ich möchte es noch nicht mal allen recht machen, selbt wenn ich es könnte.

@GustavNacht:
Ich denke, dass etwas interessant, spannend, überraschend sein sollte, trifft immer zu, nicht nur auf Dialoge. Und ich sehe auch nicht, dass es sich mit dem Versuch, einen Dialog lebensecht zu gestalten, beißt. Im Gegenteil - die besten Pointen schreibt wohl immer noch das Leben.

Was die vielen "Äußerlichkeiten" angeht: Stimmt, hab gerade noch mal reingeschaut. Aber wenn es mir nicht beim ersten Lesen auffällt, spricht das dafür, dass es sehr organisch funktioniert. Es bringt dir die Handelnden auch eher näher, als dass du die Person verlierst, finde ich. Eine strikte Abfolge von (direkter) Rede und Gegenrede vermeide ich, das wirkt auf mich so steif. Es ist nur gar nicht einfach, wie ich selber gerade bei einer dialoglastigen Stelle merke: Irgendwann gehen einem einfach die Beschreibungen aus - man kann nur soundso oft lächeln, verwundert schauen, die Stirn runzeln oder etwas in der Art, bevor es schablonenhaft wirkt.
 
Last edited:
@Phlegeton
Grundsätzlich einverstanden. Vielleicht ist es mehr eine Frage, worauf der Fokus liegt beim Dialog schreiben. Ein realistischer Dialog könnte so tönen:

"Könntest du mir noch eine Scheibe Brot abschneiden?"
"Sehr gerne Schatz. Butter und Marmelade?"
"Oh, das ist lieb von dir. Da sage ich nicht nein." Er zwinkerte ihr zu. Mit einer abwinkenden Geste erhob sie sich und machte sich in der Küche zu schaffen.

Das Gesprochene ist inhaltlich stimmig und nachvollziehbar, aber es sagt nichts aus über die Personen, deren Charakter oder Gemütslage. Es spielt keine Rolle, wer was sagt, alles ist austauschbar. Das trifft über weite Strecken auch auf die Dialoge in PhiroEpsilons Geschichte zu.

Weniger realistisch, aber spannender und überraschender:

"Gisi, bring das Brot her! Mir knurrt der Wanst."
"Brot?" Gisela schlug sich die Hand gegen die Stirn. "Ich befürchte das habe ich vergessen. Ich wollte zur Bäckerei, doch dann war da dieser Harmonikaspieler - wundervolle Musik, Bach oder Rachmaninow, Tschaikowski und dann Bartov, natürlich Bartov. Liebling, wenn du das gehört hättest! Unmöglich mich zu lösen, endlos hätte ich ihm zuhören können. Und da war es schon dunkel und ich eilte schnell nach Hause zu dir mein lieber lieber Hasso." Sie sprang auf und fiel ihm um den Hals.
Hasso donnerte die Faust auf den Tisch. "So eine Scheisse Gisi! Wir brauchen doch was zu beissen in dieser traurigen Hütte. Von Musik werden wir nicht satt."
"Komm schon Schnucki, küss mich, das hilft gegen den Hunger." Sie schloss die Augen und spitzte die Lippen.

Das Gesprochene sagt etwas über die Personen, deren Charakter und Gemütslage aus und ist nicht nur Austausch von Information. Natürlich sollte man damit auch nicht übertreiben und nur Theater veranstalten. Aber etwas mehr Mut zur Exzentrik würde ich mir wünschen. Für mich entstehen gute Geschichten auch durch spannende Charaktere und nicht nur durch ein interessantes Setting.

Was meint ihr dazu?
 
@Phlegeton
Grundsätzlich einverstanden. Vielleicht ist es mehr eine Frage, worauf der Fokus liegt beim Dialog schreiben. Ein realistischer Dialog könnte so tönen:

"Könntest du mir noch eine Scheibe Brot abschneiden?"
"Sehr gerne Schatz. Butter und Marmelade?"
"Oh, das ist lieb von dir. Da sage ich nicht nein." Er zwinkerte ihr zu. Mit einer abwinkenden Geste erhob sie sich und machte sich in der Küche zu schaffen.

Das Gesprochene ist inhaltlich stimmig und nachvollziehbar, aber es sagt nichts aus über die Personen, deren Charakter oder Gemütslage. Es spielt keine Rolle, wer was sagt, alles ist austauschbar. Das trifft über weite Strecken auch auf die Dialoge in PhiroEpsilons Geschichte zu.

Weniger realistisch, aber spannender und überraschender:

"Gisi, bring das Brot her! Mir knurrt der Wanst."
"Brot?" Gisela schlug sich die Hand gegen die Stirn. "Ich befürchte das habe ich vergessen. Ich wollte zur Bäckerei, doch dann war da dieser Harmonikaspieler - wundervolle Musik, Bach oder Rachmaninow, Tschaikowski und dann Bartov, natürlich Bartov. Liebling, wenn du das gehört hättest! Unmöglich mich zu lösen, endlos hätte ich ihm zuhören können. Und da war es schon dunkel und ich eilte schnell nach Hause zu dir mein lieber lieber Hasso." Sie sprang auf und fiel ihm um den Hals.
Hasso donnerte die Faust auf den Tisch. "So eine Scheisse Gisi! Wir brauchen doch was zu beissen in dieser traurigen Hütte. Von Musik werden wir nicht satt."
"Komm schon Schnucki, küss mich, das hilft gegen den Hunger." Sie schloss die Augen und spitzte die Lippen.

Das Gesprochene sagt etwas über die Personen, deren Charakter und Gemütslage aus und ist nicht nur Austausch von Information. Natürlich sollte man damit auch nicht übertreiben und nur Theater veranstalten. Aber etwas mehr Mut zur Exzentrik würde ich mir wünschen. Für mich entstehen gute Geschichten auch durch spannende Charaktere und nicht nur durch ein interessantes Setting.

Was meint ihr dazu?

Ich weiß nicht ob das ein gutes Beispiel ist bzw. ob das der Kern der Sache ist.

Dein Beispiel zeigt klar den Unterschied zwischen einem „realistischen“ und einem „überzeichneten, exzentrischen“ Dialog.

Welches grundsätzlich passender ist, hängt von der Geschichte ab. Dein Stil ist ja oftmals überzeichnet.

Die Frage ob ein Dialog glaubwürdig oder realistisch kann aber auch ohne Überzeichnung betrachtet werden.

Zudem finde ich, dass man hier
"Könntest du mir noch eine Scheibe Brot abschneiden?"
"Sehr gerne Schatz. Butter und Marmelade?"
"Oh, das ist lieb von dir. Da sage ich nicht nein." Er zwinkerte ihr zu. Mit einer abwinkenden Geste erhob sie sich und machte sich in der Küche zu schaffen.
durchaus was über die Charaktere und deren Verhältnis zueinander rauslesen kann. Sie sprechen sehr höflich miteinander. Vielleicht schon übertrieben höflich? Er verlangt wie selbstverständlich von Ihr, dass sie ihm das Brot schneidet und bringt, etc.

Lieben Gruss
Mayia
 
@GustavNacht : Ich meine jedenfalls, dass sich dein zweiter Dialog sehr gut anhört, und deutlich unterhaltender :)

Ich meine weiter, dass sich realistisch und unterhaltend nicht notwendig ausschließen, aber beides zu vereinen schon sehr herausfordernd sein kann. Wenn ich mich entscheiden müsste - nun, wie Mayia sagt, und was letztendlich immer stimmt: Das kommt auf die Art Geschichte an, die man schreiben will. Im Zweifel bin ich lieber unterhaltend als fotorealistisch.

Und ich denke, dass realistische Dialoge sich nicht durch den erwähnten Fotorealismus erzielen lassen. Kein Dialog ist jemals realistisch, weil sich unter tatsächlicher täglicher Sprachgebrauch mit tausend "Ähs", unvollständigen Sätzen, schlechter Grammatik und einfach falschen Worten mit unseren Schreib- und Lesegewohnheiten schwer vereinbaren lässt. Man näherst sich dem an, und es klingt mehr oder weniger vertraut, damit realistisch, ohne es zu sein. Und außerdem, die Realität ist ja vielfältig - ich habe Leute getroffen, die klingen wie Charles Dickens oder die Dialogvariante deutscher Hochliteratur. Kommt übrigens beides in der Realität ziemlich seltsam rüber 😄 Eben genauso, wie es umgekehrt ein wirklich fotorealistischer Dialog in einer Geschichte.
 
@Phlegeton
[...] Ein realistischer Dialog könnte so tönen:

"Könntest du mir noch eine Scheibe Brot abschneiden?"
"Sehr gerne Schatz. Butter und Marmelade?"
"Oh, das ist lieb von dir. Da sage ich nicht nein." Er zwinkerte ihr zu. Mit einer abwinkenden Geste erhob sie sich und machte sich in der Küche zu schaffen.

Das Gesprochene ist inhaltlich stimmig und nachvollziehbar [...]

Also manchmal bin ich wirklich verblüfft... Denn dieser Dialog hier ist für mich aber SOWAS von NICHT (!) realistisch.... :ROFLMAO:

Was wird denn hier ausgedrückt? Hier wird ausgedrückt, dass Person A zur Person B sagt, dass diese in die Küche gehen solle, um ihm ein Brot mit Butter und Marmelade zu machen... ?? Also viel patriachalischer geht's ja gar nicht mehr! :LOL: (Fehlt nur noch die Tochter am Frühstückstisch, die sagt: "Nein, nein, Mama! Ich mach dem Papa schon sein Marmeladebrot! Heute ist eh Sonntag, da muss ich ja nicht in die Schule!" 😄)
--

Zu meiner "Verteidigung": Ich kenne natürlich nicht den ganzen Text. Aber diese Stelle als "realistisch" zu bezeichnen? Normalerweise, zumindest bei mir, da steht das Brot am Tisch, mit der Butter und der Marmelade daneben.... 🙃;)
 
Last edited:
@kendra22 Ich hatte schon befürchtet, dass die Beispiele zerpflückt werden. Das habe ich gestern rasch erfunden, dient nur der Illustration. Aber gerne für dich:

"Könntest du mir noch eine Scheibe Brot abschneiden?"
"Sehr gerne Schatz. Butter und Marmelade?"
"Oh, das ist lieb von dir. Da sage ich nicht nein." Sie zwinkerte ihm zu. Mit einer abwinkenden Geste schmierte er seiner Frau ein Marmeladenbrot.

Ihr dürft euch gerne bessere Beispiele ausdenken. Die Hypothesen:

- Dialoge sollten natürlich wirken, aber gegenüber realen Gesprächen, die wir täglich führen, aufgepeppt und zugespitzt werden.
- Dialoge sollten etwas über Charakter und Gemütszustand der Protagonisten verraten (@Mayia damit meine ich etwas das über "nett" oder "höflich" hinausgeht)

Ich kann mich hier dem Statement von @Phlegeton sehr gut anschliessen, danke für die interessanten und wichtigen Ergänzungen! Und ich gebe zu, dass in einigen meiner Geschichten bezüglich Exzentrik tüchtig übertrieben wird (@Mayia). Es macht einfach Spass, solche Leute zu erfinden, versucht es mal ;-) Oder nennt Geschichten, in denen die Dialoge richtig krachen.
 
@kendra22 Ich hatte schon befürchtet, dass die Beispiele zerpflückt werden. Das habe ich gestern rasch erfunden, dient nur der Illustration. Aber gerne für dich:

Naja, also bin nicht der Meinung, dass ich da irgendwas "zerpflücke" .... wenn in drei aufeinanderfolgenden Sätzen ein Mann zu seiner Frau sagt, dass diese in die Küche gehen solle, um dort ein Brot mit Butter und Marmelade für ihn zu machen.... 🧐🤨

... und dann Leute hier im Forum überdies noch bestätigend schreiben, dass das für sie ein "realistisches" Beispiel sei.... 😢
 
Ihr dürft euch gerne bessere Beispiele ausdenken. Die Hypothesen:

- Dialoge sollten natürlich wirken, aber gegenüber realen Gesprächen, die wir täglich führen, aufgepeppt und zugespitzt werden.
- Dialoge sollten etwas über Charakter und Gemütszustand der Protagonisten verraten (@Mayia damit meine ich etwas das über "nett" oder "höflich" hinausgeht).

Aber ich bin da auch gerne dabei, wenn's darum geht, etwas gegeseitig darüber zu lernen, wie man Dinge erzählen kannn^^ Bei mir ginge es nur halt anders weiter:

"Könntest du mir noch eine Scheibe Brot abschneiden?"
"Ja, könnte ich", sagte Amalia, am Frühsstückstisch ein Dokument lesend, auf dem ganz oben TOP SECRET stand: "Aber, warum tust du's nicht selber?" Sie deutete in Richtung der Küche: "Ich hab die Butter und die Marmelade in den Kühlschrank getan!"​
Das Telefon rang, Amalia hob ab: "Ja?"​
Einige Sekunden vergingen, während Bertram in der Küche den Kühlschrank öffnete und nach der Butter und der Marmelade suchte.​
Plötzlich zuckte Amalia am Telefon hoch: "Was? Wann? Wie viele?"​
Dann sprang Amalia hoch, griff nach ihrem schwarzen Blazer, steckte sich ihre Glock17 an den Gürtel und winkte zu Bertram in der Küche: "Du, ich muss schon weg! Sehen wir uns heute Abend?"​
Bertram winkte ihr hinterher. Er wüde sie heute Abend wahrscheinlich nicht sehen.​


🥰😟
 
🧐🤨
... und dann Leute hier im Forum überdies noch bestätigend schreiben, dass das für sie ein "realistisches" Beispiel sei.... 😢
Das Patriarchat ist (leider) realistisch. Noch ein Grund um Dialoge nicht realistisch zu schreiben.
 
"Könntest du mir noch eine Scheibe Brot abschneiden?"
"Sehr gerne Schatz. Butter und Marmelade?"
"Oh, das ist lieb von dir. Da sage ich nicht nein." Sie zwinkerte ihm zu. Mit einer abwinkenden Geste schmierte er seiner Frau ein Marmeladenbrot.

Ein Dialog, den ich in der Art niemals schreiben würde. Bei mir haben *alle* Dialoge einen Zweck. Selbst wenn Charaktere Smalltalk machen, gibt es etwas, das die Geschichte vorantreibt. Übrigens auch, wenn meine Charaktere Sex haben...
 
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