Djinn68
Virgin
- Joined
- May 29, 2023
- Posts
- 548
Dieser Thread verfolgt den Zweck, einen Austausch zwischen (an Science-Fiction) interessierte Autoren zu ermöglichen. Egal, ob diese selbst welche schreiben, schreiben möchten oder einfach nur wissen möchten, nach welchen Kriterien Autoren bei solchen Geschichten vorgehen.
Der Thread entstand aufgrund einer vorhergehenden Diskussion betreffend einer ausführlichen Kritik von Faith meiner "Galamex-Saga". Die Diskussion war durchaus anregend, aber einiges blieb eventuell dabei unausgesprochen oder wurde nicht tiefer erörtert - was (für jene Diskussion) absolut okay ist.
Nun denn:
Ich liebe Science-Fiction, oder eben Sci-Fi, wie nicht nur Nerds den Begriff abkürzen, seit Kindheitstagen. Ich bin mit Klassikern wie Raumschiff Enterprise, rund um James Tiberius Kirk, aufgewachsen. Kampfstern Galactica. Mondbasis Alpha 1. Oder auch Raumpatrouille - die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion. Captain Future. Aber auch mit den vielleicht etwas ernsteren Werken, wie der Omega-Mann, Planet der Affen, Soylent Green, Flucht ins 23. Jahrhundert. Und natürlich mit den literarischen Werken eines Jules Verne und dann später mit Frank Herberts Dune...
Seither habe ich eine Menge Sci-Fi gesehen und gelesen, Mal ausserordentliches wie der erste Matrix-Film, Mal ulkiges wie Men in Black, Mal spektakuläres wie Avatar, Mal furchteinflössendes wie Alien, aber dann eben auch Mal (zumindest nach meinem Geschmack) unterdurchschnittliches wie Ad Astra oder Event Horizon.
Man könnte sich nun darüber streiten, ob meine Klassifizierung diverser hier aufgelisteter Werke die Zustimmung aller treffen oder nicht, aber dies ist meiner Meinung nach, wie so oft, Geschmackssache. Nicht jeder wird beispielsweise Arrival etwas abgewinnen können und viele werden Interstellar für ein Meisterwerk halten.
Kurz gesagt: Ich habe mich in meinem Leben ziemlich ausführlich mit Sci-Fi beschäftigt (denn die obige Auflistung ist weit davon entfernt, vollständig zu sein).
Sci-Fi bietet die Möglichkeit, einen Blick in eine potentielle Zukunft zu werfen (oder in die Vergangenheit, sobald Zeitreisen ins Spiel kommen) und sich frei von so mancher realer Alltagseinschränkung zu äussern. Man kann was-wäre-wenn-Szenarien entwerfen, die unter "normalen" Bedingungen nicht möglich wären. Man kann phantastische Abenteuer beschreiben, oder tiefgehende Fragen erörtern. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig.
Aber: Was macht für mich gute Science-Fiction aus?
Nachvollziehbare Charaktere
Eigentlich selbstverständlich, das Alpha und Omega einer jeden Geschichte. Aber vielleicht bei Sci-Fi sogar noch wichtiger. Man unterbreitet dem Leser ein utopisches oder dystopisches Szenario, was bereits ein gewisses Mass an Akzeptanz fordert. Benimmt sich eine Figur dabei unlogisch, widersprüchlich - eben nicht nachvollziehbar - dann beeinträchtigt dies dementsprechend auch die vorher erwähnte Akzeptanz. Da sich die Figur zudem in einem aussergewöhnlichen Szenario bewegt, sollte dem Leser eventuell ein "Anker" zugeworfen werden. Ein Charakterzug oder ein bestimmtes Verhalten in einer Situation, das sich problemlos in die gelebte, reelle Gegenwart übertragen lässt.
Plausibilität und Wahrscheinlichkeit
Die beiden Begriffe scheinen auf den ersten Blick Synonyme zu sein (und Kontext-abhängig können sie es durchaus sein). Aber für mich besteht ein Unterschied. Eine Annahme erfüllt für mich dann die Minimalanforderungen der Plausibilität, wenn sie nicht völlig unmöglich, oder eben absurd, ist. Ein Satellit, welcher ausschliesslich aus Käse besteht beispielsweise, erachte ich als vollkommen absurd. Unabhängig davon, welche wissenschaftlichen Errungenschaften die Menschheit noch machen mag, ein Satellit der vollständig aus einem Milchprodukt besteht ist derart abwägig, dass er die Minimalanforderungen der Plausibilität nicht erfüllt. Also: Keine Geschichte schreiben, in der ein Satellit aus Käse vorkommt!
Es gibt natürlich Ausnahmen zu dieser Regel: Douglas Adams' Per Anhalter durch die Galaxis enthält so manche Absurdität. Ich würde sogar behaupten, es besteht hauptsächlich aus Absurdem. Aber dann ist es eben Programm und beabsichtigt, was aber unter Umständen einen wesentlich höheren Aufwand erfordert, um beim Leser die Aufhebung des Unglaubens zu erreichen.
Wahrscheinlichkeit wiederum setzt Plausibilität voraus. Nur weil etwas möglich (in diesem Fall plausibel) ist, muss es deswegen nicht auch wahrscheinlich sein. Nehmen wir z.B. den Bau einer Dysson-Sphäre um die Sonne. Es ist durchaus plausibel, dass die Menschheit irgendwann in der Lage sein wird, eine solche zu bauen. Aber innerhalb der nächsten, sagen wir Mal, 500 Jahre? Wohl eher nicht. Alleine der Bau könnte so viel Zeit in Anspruch nehmen, und da wir heutzutage nach wie vor nur "mit Mühe und Not" in den Orbit gelangen, ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass wir innerhalb der nächsten 500 Jahre eine Dysson-Sphäre um die Sonne errichten. Plausibel bleibt die Möglichkeit jedoch weiterhin.
Folglich: Desto unwahrscheinlicher etwas ist, desto mehr Erklärungsbedarf entsteht. Falls also das Setting eine Dysson-Sphäre um die Sonne im Jahr 2523 vorsieht, müsste wohl erklärt werden, wie die Menschheit dazu in der Lage war - zum Beispiel mit dem Auffinden von sehr fortschrittlicher Alien-Technologie.
Mein Fazit: Etwas sollte unbedingt plausibel sein (es sei denn, die Geschichte spielt vollumfänglich im Absurdistan). Die Wahrscheinlichkeit kommt erst an zweiter Stelle, sollte aber nicht ausser acht gelassen werden. Umso wahrscheinlicher etwas ist (oder erscheint), umso leichter gelingt die Aufhebung des Unglaubens und umso weniger Erklärungsbedarf entsteht.
Black-Box (an dieser Stelle mein Dank an Faith!)
Oft genug kommt in der Sci-Fi Technologie zum Einsatz, dessen Funktionsweise oder Prinzip nicht näher erörtert wird. Bestes Beispiel dafür ist wohl die Überwindung der Lichtgeschwindigkeitsgrenze. Die ist nahezu in jeder interstellaren Geschichte vonnöten. Star Wars (wobei dies eher unter Sci-Fantasy als Sci-Fi fällt) macht sich nie die Mühe, den Hyperraumantrieb zu erklären. Und während Star Trek das Warpfeld durchaus auf aktuellen wissenschaftlichen Theorien basiert, so ignoriert es dabei gefliessentlich die Energie-Anforderungen, die diese Technologie nach sich ziehen würde. Kurz: Bei manchen Elementen der Sci-Fi bleibt einem gar nichts anderes übrig, als diese einfach vorauszusetzen. Meines Erachtens sollte man sich davor hüten, ausschliesslich Black-Box zu verwenden. Es kann natürlich trotzdem funktionieren, aber wirkt dann eben eher wie Zauberei (s. Star Wars) statt wie "weitergedachte Wissenschaft".
Erotik
Man kann selbstverständich ein Sci-Fi-Setting lediglich als "Hintergrundkulisse" verwenden und die darin vorkommende Erotik "gewöhnlich" gestalten. Man kann aber auch spezielle erotische Elemente einsträuen, wie z.B. "the excessive machine" in Barbarella (Jane Fonda war, glaube ich, die erste nackte Frau, die ich in einem Film sah). Oder aber man geht "all in" und erschafft ein Setting, bei dem Erotik Zentrales element ist. Zum Beispiel eine Gesellschaft, bei der regelmässiger Sex Pflicht ist. Dabei stehen dann unter Umständen eben nicht technologische sondern soziale Entwicklungen im Vordergrund (wobei man sich dann wohl darüber streiten kann, ob dies noch zu Sci-Fi zählt)
So. Zumindest vorerst genug von mir. Ich würde mich über eine rege Beteiligung freuen: Wie geht Ihr Sci-Fi-Geschichten an (wenn ihr selbst welche schreibt)? Was erwartet Ihr (als Leser/Zuschauer) von einer Sci-Fi-Geschichte?
Der Thread entstand aufgrund einer vorhergehenden Diskussion betreffend einer ausführlichen Kritik von Faith meiner "Galamex-Saga". Die Diskussion war durchaus anregend, aber einiges blieb eventuell dabei unausgesprochen oder wurde nicht tiefer erörtert - was (für jene Diskussion) absolut okay ist.
Nun denn:
Ich liebe Science-Fiction, oder eben Sci-Fi, wie nicht nur Nerds den Begriff abkürzen, seit Kindheitstagen. Ich bin mit Klassikern wie Raumschiff Enterprise, rund um James Tiberius Kirk, aufgewachsen. Kampfstern Galactica. Mondbasis Alpha 1. Oder auch Raumpatrouille - die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion. Captain Future. Aber auch mit den vielleicht etwas ernsteren Werken, wie der Omega-Mann, Planet der Affen, Soylent Green, Flucht ins 23. Jahrhundert. Und natürlich mit den literarischen Werken eines Jules Verne und dann später mit Frank Herberts Dune...
Seither habe ich eine Menge Sci-Fi gesehen und gelesen, Mal ausserordentliches wie der erste Matrix-Film, Mal ulkiges wie Men in Black, Mal spektakuläres wie Avatar, Mal furchteinflössendes wie Alien, aber dann eben auch Mal (zumindest nach meinem Geschmack) unterdurchschnittliches wie Ad Astra oder Event Horizon.
Man könnte sich nun darüber streiten, ob meine Klassifizierung diverser hier aufgelisteter Werke die Zustimmung aller treffen oder nicht, aber dies ist meiner Meinung nach, wie so oft, Geschmackssache. Nicht jeder wird beispielsweise Arrival etwas abgewinnen können und viele werden Interstellar für ein Meisterwerk halten.
Kurz gesagt: Ich habe mich in meinem Leben ziemlich ausführlich mit Sci-Fi beschäftigt (denn die obige Auflistung ist weit davon entfernt, vollständig zu sein).
Sci-Fi bietet die Möglichkeit, einen Blick in eine potentielle Zukunft zu werfen (oder in die Vergangenheit, sobald Zeitreisen ins Spiel kommen) und sich frei von so mancher realer Alltagseinschränkung zu äussern. Man kann was-wäre-wenn-Szenarien entwerfen, die unter "normalen" Bedingungen nicht möglich wären. Man kann phantastische Abenteuer beschreiben, oder tiefgehende Fragen erörtern. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig.
Aber: Was macht für mich gute Science-Fiction aus?
Nachvollziehbare Charaktere
Eigentlich selbstverständlich, das Alpha und Omega einer jeden Geschichte. Aber vielleicht bei Sci-Fi sogar noch wichtiger. Man unterbreitet dem Leser ein utopisches oder dystopisches Szenario, was bereits ein gewisses Mass an Akzeptanz fordert. Benimmt sich eine Figur dabei unlogisch, widersprüchlich - eben nicht nachvollziehbar - dann beeinträchtigt dies dementsprechend auch die vorher erwähnte Akzeptanz. Da sich die Figur zudem in einem aussergewöhnlichen Szenario bewegt, sollte dem Leser eventuell ein "Anker" zugeworfen werden. Ein Charakterzug oder ein bestimmtes Verhalten in einer Situation, das sich problemlos in die gelebte, reelle Gegenwart übertragen lässt.
Plausibilität und Wahrscheinlichkeit
Die beiden Begriffe scheinen auf den ersten Blick Synonyme zu sein (und Kontext-abhängig können sie es durchaus sein). Aber für mich besteht ein Unterschied. Eine Annahme erfüllt für mich dann die Minimalanforderungen der Plausibilität, wenn sie nicht völlig unmöglich, oder eben absurd, ist. Ein Satellit, welcher ausschliesslich aus Käse besteht beispielsweise, erachte ich als vollkommen absurd. Unabhängig davon, welche wissenschaftlichen Errungenschaften die Menschheit noch machen mag, ein Satellit der vollständig aus einem Milchprodukt besteht ist derart abwägig, dass er die Minimalanforderungen der Plausibilität nicht erfüllt. Also: Keine Geschichte schreiben, in der ein Satellit aus Käse vorkommt!
Es gibt natürlich Ausnahmen zu dieser Regel: Douglas Adams' Per Anhalter durch die Galaxis enthält so manche Absurdität. Ich würde sogar behaupten, es besteht hauptsächlich aus Absurdem. Aber dann ist es eben Programm und beabsichtigt, was aber unter Umständen einen wesentlich höheren Aufwand erfordert, um beim Leser die Aufhebung des Unglaubens zu erreichen.
Wahrscheinlichkeit wiederum setzt Plausibilität voraus. Nur weil etwas möglich (in diesem Fall plausibel) ist, muss es deswegen nicht auch wahrscheinlich sein. Nehmen wir z.B. den Bau einer Dysson-Sphäre um die Sonne. Es ist durchaus plausibel, dass die Menschheit irgendwann in der Lage sein wird, eine solche zu bauen. Aber innerhalb der nächsten, sagen wir Mal, 500 Jahre? Wohl eher nicht. Alleine der Bau könnte so viel Zeit in Anspruch nehmen, und da wir heutzutage nach wie vor nur "mit Mühe und Not" in den Orbit gelangen, ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass wir innerhalb der nächsten 500 Jahre eine Dysson-Sphäre um die Sonne errichten. Plausibel bleibt die Möglichkeit jedoch weiterhin.
Folglich: Desto unwahrscheinlicher etwas ist, desto mehr Erklärungsbedarf entsteht. Falls also das Setting eine Dysson-Sphäre um die Sonne im Jahr 2523 vorsieht, müsste wohl erklärt werden, wie die Menschheit dazu in der Lage war - zum Beispiel mit dem Auffinden von sehr fortschrittlicher Alien-Technologie.
Mein Fazit: Etwas sollte unbedingt plausibel sein (es sei denn, die Geschichte spielt vollumfänglich im Absurdistan). Die Wahrscheinlichkeit kommt erst an zweiter Stelle, sollte aber nicht ausser acht gelassen werden. Umso wahrscheinlicher etwas ist (oder erscheint), umso leichter gelingt die Aufhebung des Unglaubens und umso weniger Erklärungsbedarf entsteht.
Black-Box (an dieser Stelle mein Dank an Faith!)
Oft genug kommt in der Sci-Fi Technologie zum Einsatz, dessen Funktionsweise oder Prinzip nicht näher erörtert wird. Bestes Beispiel dafür ist wohl die Überwindung der Lichtgeschwindigkeitsgrenze. Die ist nahezu in jeder interstellaren Geschichte vonnöten. Star Wars (wobei dies eher unter Sci-Fantasy als Sci-Fi fällt) macht sich nie die Mühe, den Hyperraumantrieb zu erklären. Und während Star Trek das Warpfeld durchaus auf aktuellen wissenschaftlichen Theorien basiert, so ignoriert es dabei gefliessentlich die Energie-Anforderungen, die diese Technologie nach sich ziehen würde. Kurz: Bei manchen Elementen der Sci-Fi bleibt einem gar nichts anderes übrig, als diese einfach vorauszusetzen. Meines Erachtens sollte man sich davor hüten, ausschliesslich Black-Box zu verwenden. Es kann natürlich trotzdem funktionieren, aber wirkt dann eben eher wie Zauberei (s. Star Wars) statt wie "weitergedachte Wissenschaft".
Erotik
Man kann selbstverständich ein Sci-Fi-Setting lediglich als "Hintergrundkulisse" verwenden und die darin vorkommende Erotik "gewöhnlich" gestalten. Man kann aber auch spezielle erotische Elemente einsträuen, wie z.B. "the excessive machine" in Barbarella (Jane Fonda war, glaube ich, die erste nackte Frau, die ich in einem Film sah). Oder aber man geht "all in" und erschafft ein Setting, bei dem Erotik Zentrales element ist. Zum Beispiel eine Gesellschaft, bei der regelmässiger Sex Pflicht ist. Dabei stehen dann unter Umständen eben nicht technologische sondern soziale Entwicklungen im Vordergrund (wobei man sich dann wohl darüber streiten kann, ob dies noch zu Sci-Fi zählt)
So. Zumindest vorerst genug von mir. Ich würde mich über eine rege Beteiligung freuen: Wie geht Ihr Sci-Fi-Geschichten an (wenn ihr selbst welche schreibt)? Was erwartet Ihr (als Leser/Zuschauer) von einer Sci-Fi-Geschichte?