rosettenfreak
Lit Instanz
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@ZenobitMag sein dass "Die Amerikaner" (wenn sie denn eine gemeinsame Meinung haben sollten) einen starken Präsidenten haben wollen. Aber dann behaupte ich mal, dass "die Amerikaner" aber keinen Diktator haben wollen... und weitreichende Entscheidungen, wie gegen einen anderen Staat in den Krieg zu ziehen, sollten dann vielleicht doch von mehr als einer einzigen Person entschieden werden.
Dabei sollte man natürlich noch zwischen einem echten Krieg und so etwas wie einer Militärischen Operation (Gruß an Putin) unterscheiden. Und das ist bei dem Einsatz im Iran etwas umstritten. Trump hat nur einen einzigen Angriff mit den bunkerbrechenden Bomben befohlen und weitere Aktionen eher ausgeschlossen. Also könnte man das als einzelne Operation bezeichnen. Allerdings geschah das in einem bereits bestehenden Krieg zwischen dem Iran und Israel.
Was wäre passiert wenn Israel nicht vorher vollständig die Flugabwehr ausgeschaltet hätte und einer der sauteuren Bomber abgeschossen wäre? Was wenn der Iran das als offizielle Kriegserklärung der USA gesehen hätte und mit Terroranschlägen reagiert hätte?
Dann wäre schnell aus einem kleinen Angriff für Freunde ein neuer Krieg entstanden, den Trump alleine entschieden hätte.
Daher war damals auch der amerikanische Kongress nicht so erfreut darüber, dass sie übergangen wurden. Und es wurden Stimmen laut, dass dies außerhalb seiner Befugnisse lag.
Nur weil einem Präsidenten, wie in deinen Beispielen, nichts passiert heisst das ja noch lange nicht, dass es nicht gegen die amerikanische Verfassung und amerikanisches Recht ist. Da ist es auch völlig egal wie skeptisch ein Teil der Bevölkerung das Gesetz sieht. Solange es besteht ist es ein Gesetz das für alle gilt.
Wenn ich mit 60 in der 30er-Zone geblitzt werde kann ich ja auch schlecht argumentieren: "Hey, hält sich eh keiner dran und Kinder laufen hier um 20 Uhr auch keine mehr rum. Daher passt das schon..."
Wie gesagt, bereits 1983-- vor über 40 Jahren-- hat keine geringere Instanz als der Supreme Court die Verfassungsmäßigkeit der "War Powers Resolution" infrage gestellt.
Diese Resolution ist nach wie vor höchst umstritten.
Donald Rumsfeld wollte sie einst abschaffen, fand dafür im Kongress aber keine Mehrheit (damals funktionierte der Kongress noch).
Aktuell ist die Rechtslage so: entsendet der US-Präsident Truppen, dann muss er den Kongress innerhalb 48 Stunden informieren. Erfolgt keine Ermächtigung, muss er die Truppen innerhalb der nächsten 90 Tage zurückbeordern.
Das hat weder Johnson in Vietnam getan, noch Clinton im Kosovo.
Passiert ist beiden Präsidenten nix.
Die Stellung des Präsidenten im US-System war in den USA schon immer ein brisantes Thema und die Arbeiten dazu füllen Bände an verfassungsrechtlicher Literatur.
Ganze Generationen von Verfassungsjuristen haben sich schon an diesem Thema abgearbeitet.
Gerade innerhalb der Republikanischen Partei wird die Theorie favorisiert, dass der Präsident über der Verfassung steht und per Dekret über alles-- auch über Krieg und Frieden-- entscheiden kann.
Noch hat sich diese Theorie nicht vollständig durchgesetzt. Aber die Trump-Administration arbeitet fleißig daran.
Ich persönlich finde es auch besser, dass eine Instanz wie der Kongress das letzte Wort hat.
Aber wenn sich der Kongress selbst entleibt-- wie aktuell-- dann ist halt wenig zu machen.
Auch was das Budget betrifft liegt die Handlungsvollmacht eigentlich beim Kongress.
Aber Trump erhebt fröhlich Zölle, verwirft sie wieder, erhebt sie erneut, ohne dass etwas passiert.
Was wir da in den USA gerade erleben, das ist die Selbstaufgabe des Kongresses.
Die "Checks and Balances" beerdigen sich freiwillig.