PoppingTom
TEH BRAIN
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Und im Gegensatz dazu nehmen wir mal spaßeshalber Harry Potter als Beispiel für einen modernen Helden.
Whimpy, whimpy, whimpy. Die einzigen Lichtblicke sind atmosphärischer Natur. Ich hätte es nicht unrealistisch gefunden, wenn er sich vor lauter Selbstmitleid umgebracht hätte, weil er es nicht mehr erträgt.
Moderner Held eben. Borderliner und depressiv ohne jeden Anflug von manischen Phasen.
Bäh...
Helden dürfen sich in meinen Augen (oder besser gesagt für meinen Geschmack) durchaus mal schwach zeigen, aber die neue Generation der Helden wäre besser mit einem Strick und einem Stuhl bedient, als mit einer schweren Lebensaufgabe, die sie doch eh nur lösen können, weil es ihnen so bestimmt ist. Und nicht etwa aus Eigeninitiative.
Dahingehend ähneln sie tatsächlich Frodo Beutlin, der so ziemlich der erste Whimpy-Held gewesen sein dürfte, der mir untergekommen ist. Und ich fand ihn schon damals zum kotzen.
Identifizierungspotential ist toll. Und ich will jetzt auch nicht zu lange darauf herum reiten, aber ein Held ist doch letztendlich derjenige, der sich trotz allem Widerwillen oder aller Angst irgendwann zusammenreißt und das Ding wuppt.
Man darf als Looser anfangen, aber wenn man ewig ein Looser bleibt, ist das für mich auch wieder nicht identifikationswürdig...
Also ich weiss jetzt nicht, ob Conan sooo identifizierungswürdig ist. Im Grunde ist die Conan-Figur auch nur ein Element in einer pseudo-historischen Geschichte: Wir nehmen da mal einen Überstarken, der erst mal draufhaut und dann nachdenkt, und lassen ihn mal so mir nichts dir nichts am Ende einfach König werden. Letztendlich lesen wir die Geschichte weiter, um zu lesen , was er da als nächstes grad haut, und dass das, was er da grad haut, es hoffentlich auch verdient hat. Man nennt das "Action", und mit Verlaub gesagt: es kann auch ziemlich langweilig werden.
So ähnlich ist es mit Harry Potter. Der ist auch nur ein Vorwand, um eine tolle Fantasy-Welt zu zeigen und "Hörmonäi" zu präsentieren, das beste an der ganzen Geschichte. Hermine fetzt einfach, und die Autorin hat ja auch zugegeben, dass sie in dieser Figur im Prinzip sich selbst gezeigt hat. Harry ist eigentlich nur "der, dem man da helfen muss, weil seine Aufgabe so schwierig ist..."
Der Unterschied zwischen HP und Frodo liegt für mich, wie gesagt, in der Weltbeschreibung und der Art der Aktionen. Und der Beschreibung von Faszinationen. In Harrys Welt herrscht Pluralismus, und wenn Voldemort nicht da ist, haut er sich eben mit Malfoy. Malfoy ist zwar ein Arsch, hat aber nichts mit Voldemort zu tun. Bei "Herrn Frodo" hingegen weis man von der ersten Minute an genau, welche Rolle wer spielt, und Frodo ist nur deshalb schwach gehalten, weil die Geschichte sonst vollkommen langweilig wäre, und David gegen Goliath ein immer wieder gern genommenes Motiv ist. Ansonsten gilt: wer nicht mit uns ist, ist gegen uns - und das mag ich einfach nicht, mochte ich noch nie.
Ich würd Harry auch keinesfalls als schwach oder "wimpy" bezeichnen. Er ist vielleicht körperlich schwach und wird von den Ereignissen etwas getrieben, hat aber eine grossartige menschliche Stärke, die vor Voldemort nicht einknickt. Ich find das an einigen Stellen schon mutig und "identifizierungswürdig".
Achja, und den Begriff "Wimp" mag ich sowieso nicht. Den hat die SPEX Mitte edr Achtziger Jahre bis zum Erbrechen für englische Independent-Musiker verwendet (der Vorstufe von Alternative Rock), und zwar für durchaus gute, zu einer Zeit, als Phillip Boa (den sie "grössenwahnsinnig" genannt haben) kreativ betrachtet so ziemlich der einzige grössere deutsche Independent-Musiker war. Ich meine, wenn wir den damals handwerklich ziemlich guten und äusserst kreativen und experimentierfreudigen englischen Bands irgendetwas vergleichbares hätten entgegensetzten können, wärs mir egal gewesen, aber die SPEX hat die damals nur zu Tode kategorisiert und jede Kategorie einzeln verdroschen, aber sich nie die Mühe gemacht, mal auf die kreativen Defizite deutscher Independent-Bands hinzuweisen und mal aufzuzeigen, was an Phillip Boa eigentlich gut ist (diese Aufgabe haben damals sinnigerweise englische Musikmagazine übernommen). Wenn man also jemanden als "wimpy" oder "Weichei" bezeichnet, beweist man meiner Meinung nach nur mangelndes Einfühlungsvermögen. Für mich ist das ein Aufruf "Schmeiss deine Gefühle weg, die sind nur unnötige Last." Und ich sag dir gleich: Wenn ich meine Gefühle wegschmeissen muss, kann ich mich auch gleich selbst wegschmeissen. Denn egal was ich dann erreiche, ich hab dann nichts davon, weil mir die Gefühle fehlen, um es zu erfassen.
Gut, es liegt vermutlich an der Welt. Ich kann diese psoidoreale Welt Magie nicht wirklich haben, wo sämtliche Fabelwesen durch den Kakau gezogen werden. Aber das ist ja gerade das erfolgsrezept der Serie, da es eben viele eigentlich nicht Fantasyfans anspricht.
Du hast es exakt auf den Punkt gebracht: das ist wirklich das, was ich an den "Harry Potter"-Romanen mag.
So ist aber halt gerade die Mode. Harry Potter, Twiglight und co sind eben so erfolgreich, weil sie eigentlich unsere jetzige Welt mit der mystik einer anderen verbinden.
Naja, mich wunderst insofern nicht, weil die meisten bei "Mystik" gleich ans Mittelalter denken. Das, was ich persönlich unter moderner Mystik verstehe, ist den meisten sowieso zu intellektuell. Ich mag schon Mystik, aber grad die mittelalterliche ist mir manchmal etwas fremd.