Kojote: «Geschichtenschreiben: ja. Aber wie?»

Auden James

Erotist
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Aug 13, 2008
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Also unter dem Ungewicht jenes läppischen Threads eines gewissen offen kompulsiven Wichsers (O.K.W.) folgen an dieser Stelle von mir nur ein paar skizzenhaft-kurze Anmerkungen zur am eindringlichsten von Kojote vorgetragenen Frage bzgl. des Standard-Themas «Ich schreib‘ Geschichten, klar. Aber mach ich's auch richtig (oder zumindest nicht allzu falsch)?».

A. Die (richtige/nicht allzu falsche) Vorgehensweise wird durch zwei Einflussgrößen bestimmt:
--- 1. Die persönliche Schreiberfahrung des Autors X.
--- 2. Das Ziel, das Autor X in das Schreibprojektes P legt.

zu A.1.
a) Unter der Annahme, dass X ein halbwegs erfahrener Schreiberling* ist, gilt: X hat akzeptable und inakzeptable Schreibergebnisse verwirklicht. Und X hat in seiner Schreiberfahrung die Vorgehensweisen, die zu akzeptablen Ergebnissen führten, von den Vorgehensweisen getrennt, die zu inakzeptablen Ergebnissen führten. Unter der Voraussetzung, dass X akzeptable Ergebnisse bevorzugt (oder aktiv anstrebt), gilt: X wählt für zukünftige Schreibprojekte die Vorgehensweise(n), die seiner Erfahrung gemäß akzeptable Ergebnisse abgeworfen hat (bzw. haben).

b) Diese methodische Ausrichtung ist nicht in Stein gemeißelt: Wenn sie in der Erfahrung sich nicht länger bewährt, d.h. nicht mehr zu akzeptablen Ergebnissen führt, dann wird X, sofern X noch immer akzeptable Ergebnisse bevorzugt (oder aktiv anstrebt), seine Vorgehensweise umstellen. X wird ggf. (erneut) mit verschiedenen Vorgehensweisen experimentieren, bis (erneut) akzeptable Ergebnisse mithilfe einer bestimmten Methodik (oder Methodiken) verwirklicht werden.

*Nach D.F.W. kämen 50 zu Ende geschriebene Sachen der zu erfüllenden hinreichenden Bedingung eines halbwegs erfahrenen Schreiberlings gleich. Denn bis zu diesem Punkt sei ein jeder mit Sicherheit noch ein Lernender. (Quelle: Salon Features)

ANMERKUNG: Aufgrund A.1a+b+* ist meine These auch mehr als klar, dass Autoren wie rokoerber talentlose Schreiberlinge sind, denn wer bei über 100 zu Ende geschriebenen Sachen nicht einmal die basalsten schreiberischen Kniffe verwirklichen kann, der hat aus seiner mehr als halbwegs vorhandenen Erfahrung (siehe *) offenkundig nichts gelernt. Und was heißt Talentlosigkeit anderes, als trotz aller exzessiver Übung/Anleitung/Erfahrung keinen Nutzen zu gewinnen, nichts zu lernen?

zu A.2.
a) Unter der Voraussetzung, dass X in P ein Ziel T verfolgt, gilt: Je nach Form von T(P) ist möglicherweise eine andere Vorgehensweise die richtige/nicht allzu falsche. Zwei Beispiele, um dies zu illustrieren:
aa)
P: Folge 1037 einer x-beliebigen Telenovela
T: Inszenierung des Schmonzettenklischees #104: Protagonist R folgt Ratschlag 2 seines besten Kumpels U, wobei dieser Ratschlag (wie schon Ratschlag 1) sich – natürlich! – als kontraproduktiv für Rs Versuch, die Protagonistin S für sich zu gewinnen, herausstellt.
Vorgehensweise: In einschlägigem Kitsch nach verwandten Ausbuchstabierungen von T(P) suchen, hier und da eindeutschen oder kontextualisieren und das Drehbuch nach diesem Schema runterschreiben.
bb)
P: Kurzgeschichte über medikamentenabhängigen Call-Boy in US-Kleinstadt Ende der 80er
T: Mit historischen und kulturellen Anspielungen gespickter Narrativ, der die drogenbedingte Veränderung der Realitätsauffassung des Süchtigen und zudem die scheinheilige Doppelmoral der Freier angeregt rüberbringt.
Vorgehensweise:
I. Orientierung/Ideenfindung: Brainstorming zum allg. Stoffgegenstand, um thematischen Verbindungen nachzuspüren und ggf. je einzelne Cluster erstellen (z.B. Medikamentensucht, männliche Prostitution, Prostitution in den USA, Prostitution und US-Kirchen, USA Ende der 80er, usw. usf.).
II. Recherche/Analyse + Strukturierung: Suche nach möglichst validen Infos zum kulturell-historischen Hintergrund oder anderem Stoff, der dem Narrativ möglicherweise "Fleisch" verleihen könnte, (offenen) Fragen nachgehen. Da Kurzgeschichte sollte es genügen eine Charakterbefragung des Call-Boys (Protagonist) zu unternehmen. Brainstorming zu möglichen anderen Typen/Situationen der Kurzgeschichte. Strukturieren des gesammelten Materials. Vom Protagonisten aus das entwickeln, was in der Kurzgeschichte geschieht sowie die Reihenfolge dessen. POV festlegen.
III. Rohfassung erstellen: Ersten Entwurf (runter-)schreiben. Beiseitelegen.
IV. Überarbeiten: Relektüre. Überarbeiten und Korrektur des Textentwurfs. Diese Schritte ggf. mehrmals wiederholen bis ein für X unter T(P) akzeptables Ergebnis verwirklicht ist. Überarbeitete Fassung anderen, neutralen (d.h. also nicht Eltern, Freundin etc.) und kritischen Lesern zum Lesen geben. Kritik notieren, diese überdenken und u.U. einleuchtende Kritikpunkte in neuer Fassung ausbessern. Diese Schritte ggf. mehrmals wiederholen bis ein für X und die Testleser akzeptables Ergebnis verwirklicht ist.
V. Veröffentlichen: P ist abgeschlossen und kann nach Xs Wunsch beliebig eingereicht werden.

B.
a) Also gibt es keine dogmatisch-absolute und immerfort erfolgreiche Vorgehensweise, was das fiktionale Schreiben anbelangt. Die Vorgehensweise hängt (1) von der Erfahrung des Schreibers ab sowie (2) vom Ziel das der Schreibende seinem Schreibprojekt zuschreibt.

b) Zum Schluss sei nicht unerwähnt gelassen, dass die bloße Vorgehensweise allein nicht ein akzeptables Ergebnis garantiert: Die (richtige/nicht allzu falsche) Vorgehensweise ist nicht hinreichende Bedingung für eine gute Geschichte. Falls dieser Eindruck an irgendeiner Stelle meiner skizzenhaften Ausführungen sich eingeschlichen haben sollte, so ist er hiermit ausgeräumt*. (Ob aber die [richtige/nicht allzu falsche] Vorgehensweise nicht vielleicht zumindest notwendige Bedingung für ein erfolgreiches Schreiben ist: Dieser Frage nachzugehen überlasse ich, da ich am Schluss bin, gerne dem neugierigen Kojoten, wie überhaupt aus spezieller Perspektive mich interessierte, was [nicht nur] er wie zu meiner – zugegeben – knappen Antwort auf seine diese meine Antwort erst motivierende Frage zu entgegnen hat.) Richtig ist aber: Die (allzu) falsche Vorgehensweise erschwert immerhin eine gute Geschichte zu schreiben oder entrückt sie in talentbefreiten Händen sogar ins Unerreichbare. Schlagendes Beispiel aus der jüngeren LIT-Praxis: der swriter und sein Œuvre.

*Die Vorgehensweise ist nur (Schreib-)Form. Es liegt jedoch am Schreibenden die Form mit Leben zu füllen.

---

Beste Grüße,
–AJ
 
Last edited:
Also...

Zunächst mal danke ich dir für deine Ausführungen.
Soweit ich das sehe, kann ich damit durchaus etwas anfangen. Ich würde es als etwas umständliche (weil nicht sehr umgangssprachliche und eher mathematisch anmutende) Grundlage des Schreibens bezeichnen.
Und es ist auch tatsächlich so, dass sie mir noch einmal einen bestimmten Aspekt des Schreibens vor Augen führt, über den ich bislang noch nicht weiter nachgedacht habe.
Oder besser gesagt eine bestimmte Erkenntnis über mich, die ich ungefähr so in Wort fassen würde:
Ich bin kein erfahrener Schreiberling in Sachen erotischer Fiktion. Ich bin ein Lernender.

Das ist eine wichtige Erkenntnis, auch wenn ich das bereits wusste. Aber es ist hilfreich, sich noch einmal vor Augen zu halten, dass letztlich die Frage lautet: Was hat man denn so in abgeschlossener Form vorliegen.
Und da erreiche ich noch lange keine fünfzig Werke.
Und das ist gut so.

Im Grunde befinde ich mich nämlich genau da, wo ich mich befinden will: Mitten in der Lernphase.
Ich probiere mit allen möglichen Dingen herum und folge eigentlich jedem Impuls meines Gehirns geradezu sprunghaft, anstatt angefangene Arbeiten zu einem Ende zu bringen.

Soviel dazu.
Und danke für die Ausführungen!


Allerdings muss ich sagen, dass du meine Frage ein wenig missinterpretiert hast.
Ich fragte nach der Art und Weise, wie andere Autoren ihre Workflows organisieren. Nach ihren Techniken zur Ausarbeitung von Geschichten und Charakteren. Und zur Organisation und Strukturierung ihrer Arbeit.
Ich fragte nach Werkzeugen, um meinen eigenen Werkzeugkasten zu vervollständigen oder zumindest zu ergänzen.

Nicht aus nackter Verzweiflung, weil ich im Wald stehe und Bambi nicht nett zu mir ist, sondern einfach nur um zu lernen, wie andere vorgehen. Denn wie du selbst in deiner Ausführung geschildert hast, probiert man auf seinem Weg herum, bis man das findet, was für einen funktioniert.
Und ich bin da wirklich noch offen für alternative Herangehensweisen.
Vor allem für intuitive, aus dem Bauch heraus stattfindende. Anstelle all jener, die in Creative Writing Kursen angeboten werden und mir einfach zu technisch… zu männlich sind.

Für mich ist das Schreiben ein organischer Prozess. Und es ist nicht die Art von Wissenschaft, die andere gerne daraus machen wollen.
Es geht nicht um die perfekte Wortkomposition, sondern um die Gefühle, die erweckt und transportiert werden. Und für den Transport von Gefühlen kann man bei allem theoretischen Einfallsreichtum keinen Beförderungsschein machen.
Jeder erlebt Gefühle anders und muss seinen eigenen Weg finden, sie auszudrücken. Und darin dann seine Möglichkeiten evaluieren, sie anderen wiederum nahe zu bringen.

Das soll die Wichtigkeit und Richtigkeit einer intensiven Beschäftigung mit dem Schreiben als ‚Wissenschaft‘ nicht schmälern. Die Technik ist absolut nicht unwichtig. Und man kann mit ihr viel erreichen.
Aber sie ist nicht alles. Sie kann keine Seele in ein Werk bringen. Und Werke ohne Seele (egal wie verdorben die im Einzelfall genau sein mag) sind für mich uninteressant.

Konkret bedeutet das, dass ich zwei Bereiche gleichzeitig erforschen muss: Die Technik des Schreibens auf einem Niveau, dass meiner Zielsetzung entspricht. Und meinen persönlichen Weg die weniger greifbaren Elemente einzubringen, die mir wichtig sind.


Und weil ich hierdurch gerade durchaus positiv in Fahrt bin, leite ich damit weiter zu meiner Sichtweise all der Workshops und Bücher über das Schreiben:
Too much theory.
Mit dem Schreiben ist es wie mit der Psychologie und zahllosen anderen Bereichen, in denen Ergebnisse nicht mit Instrumenten eindeutig und unzweifelhaft messbar sind, sondern von der Reaktion jedes einzelnen Individuums auf die angewandte Methode bestimmt werden (und so nur in Statistiken erfassbar sind, die von ihrem Fokus verzerrt werden).
Einige wirklich schlaue, erfahrene Menschen haben wirklich gute, hilfreiche Bücher zum ‚richtigen Schreiben‘ verfasst. Und diese Bücher beinhalten auch eine Menge Allgemeingültiges.
Aber sie schränken die Autoren auch ein, denn sie zwingen ihn unwillkürlich, der Vorgehensweise anderer Autoren zu folgen. Und zwar ohne deren jahre- und jahrzehntelange, wachsende Erfahrung mit der eigenen Schreibe.
Sie nehmen schon in der Anfangsphase des Lernprozesses das heraus, was sich bei mir und für mich ganz persönlich als mein Weg zur Meinungsfindung erwiesen hat: Eigenerfahrung.

Als ich das erste Mal etwas von Freud mitbekam, dachte ich mir als Jugendlicher so in etwa: Was für ein Spinner. Total veralteter Bullshit.
Aber meine Erfahrungen im Leben haben mir gezeigt, dass Freud durchaus kein Spinner war. Er hatte sogar eine Menge Ahnung. Nur das er die Linse seiner Zeitperiode anwenden musste und zudem noch einige unliebsame Themen zum Ausdruck zu bringen hatte, die keiner zu der Zeit hören wollte.
Für seine Zeit war er brillant. Er hatte Unrecht, aber seine Ansätze waren genial. Mit das Beste, was an mit dem begrenzten Wissen seiner Zeit erreichen konnte.

Auf diese Idee bin ich selbst gekommen. Ohne Psychologie studiert zu haben.
Hätte ich das getan, wäre ich wahrscheinlich in etwa dort, wo alle Psychologiestudenten irgendwann ankommen: Freud ist veralteter Blödsinn.
Aber damit wenden sie sich von Grundlagenüberlegungen ab, die sicherlich zu interessanten Ergebnissen führen könnten.

Und darum geht es mir: Ich will meine eigenen Überlegungen anstellen.
Und ich will meinen eigenen Weg finden.
Ich war schon immer anders, als die anderen. Vor allem in Sachen Sprache. Und ich habe lange Zeit nebst anderem auch beobachtet, wie sich das auf meine Umwelt auswirkt.
Ich habe experimentiert und geforscht und würde mich in Sachen rein verbaler Kommunikation durchaus als Schwarzgurt bezeichnen. Vielleicht sogar zweiter oder dritter Dan.
In der schriftlichen Kommunikation bin ich allerdings noch lange nicht so weit, weil sie völlig anderen Gesetzmäßigkeiten folgt und alle nonverbalen Wahrnehmungsreize als Nebenträger der Kommunikation wegfallen oder sich verändern.
Und deswegen übe ich.
Ich übe im Umgang in Foren und mit all den anderen Mitteln der Internetkommunikation. Und ich übe durchs Schreiben meiner Geschichten. Und ich werde diesen Bereich meistern, weil ich ganz unzweideutig das Zeug dazu habe (meine Sicht). Irgendwann.
Aber ich werde dann kein zweiter Werauchimmer sein, sondern der erste Ich. Und genau darum geht es auch.

Was ich zu erzählen habe und wie ich es zu erzählen habe, weist eine gewisse Einzigartigkeit auf. Und Grundzüge dieses Stils sind bereits vorhanden.
Ich kann und werde nicht alles vergessen, was ich mir angeeignet habe, um zunächst einmal das Schreiben zu erlernen, wie es andere Autoren vorgemacht haben. Das ist nicht mein Weg.
Er ist nicht minderwertig, denn wenn man die Grundtechniken beherrscht, kann man auch seinen eigenen Stil entwickeln, aber es ist eben einfach nicht mein Weg.
Und ich betrachte das als ‚gut so‘.


All das soll keineswegs heißen, dass ich nicht offen für Input bin. Gerade im Moment bin ich das sogar sehr.
Insbesondere der technische Input gefiltert durch die persönlichen Sichtweisen einzelner Autoren interessiert mich. Und ich werde auch daraus lernen.
Ich hoffe, das vermittelt jetzt ein halbwegs verständliches Bild und interessiert überhaupt jemanden… ;)


Frag Kojote, der teilt neuerdings eine auf LIT nicht unverbreitete Hass-Liebe zu Orthographie und Grammatik des Deutschen.
Ich liebe die deutsche Sprache, auch wenn ich in den letzten Monaten die Englische durchaus zu schätzen gelernt habe. Es gibt da keinen Hass. Insbesondere nicht gegenüber Grammatik und Orthographie.
Aber mich würde schon interessieren, wie du auf das schmale Brett kommst, dass sich meine Einstellung diesbezüglich geändert habe? Nur wegen meines Lobesposts an KrystanX?
 
Das ist ja mal Bombe.
Ein Post von AJ, dem ich durchaus zustimme. Und ein Post von Tom, der ersterem stellenweise klar widerspricht, und dem ich auch zustimme...
Schizo...

Nein im Ernst:
Danke Tom.
Was du über Ziellosigkeit als Ziel (bzw. Mittel zum Zweck) gesagt hast, ist mir bislang so noch nciht in den Kopf gekommen, fühlt sich aber sehr gut an.
Ich weiß noch nicht, ob ich damit letztendlich wirklich etwas anfangen kann (soll heißen, ob das denkbare Umdenken durch die Verinnerlichung dieser These mein Gefühl abmindert, Dinge nicht korrekt zu machen), aber ich werde es überdenken.

Und witzigerweise habe ich just gestern beschlossen, meine aktuelle Geschichte wirklich einmal fließen zu lassen und zu sehen, wo die jeweiligen Sequenzen sie am Ende hintragen.
 
Kojote, das liegt vermutlich daran, das AJ, einen wunderschönen Programmablaufplan geschrieben hat, der jeden Professor oder Lehrer freuen würde. Strukturiert, Ausgeführt, Geordnet und doch so gefühlsleer wie das Mathematikheft einer Vorzugsschülerin.

Mein Problem bei AJs Theorien, ist, dass er bis jetzt selbst nichts davon bewiesen hat. Wenn MagnoliaS, Munachi, Ken Follett oder jemand anderes, der hier schon wirklich sein Können gezeigt hat, so etwas veröffentlicht, hätte es eine gewisse Autorität.

Wenn jedoch jemand, der all dies noch nicht selbst vollbracht hat, und auch noch keinerlei Zeugnis seiner eigenen Fertigkeit abgeliefert hat, schreibt, kann eben nur so etwas dabei raus kommen. Inhaltlich sicher nicht falsch, aber eben so leblos, wie wenn es jemand auswendig gelernt und wieder aufgeschrieben hat.

Bei PT ist es hingegen einfach sein Herz, welches seine Zeilen hier schreiben lässt, wo durch einfach wesendlich mehr Gefühl hinein kommt, und der geneigte Leser plötzlich feststellt, dass die Welt viel größer ist, als sie diese zuerst vorgetragene Formelsammlung vermuten ließ.
 
Wie das so ist...

@ Zweifel ob Gültigkeit der Notiz (insbesondere: Kojote & PT)
Alle der zweiflerischen Fragen, die vor allem PT explizit machte (z.B. Wie ist das mit der Subjektivität? Oder mit der Erfahrung*?), stellen sich bloß aus einer bestimmten persönlichen Einstellung, einem Geflecht von Überzeugungen, die jener Lesart der Notiz wie der im Fall PTs eignen. Wenn ich euch um etwas bitten darf, so versucht doch mal die freieren Regungen nicht am Herumtollen zu hindern. Dann könnten auch eure Fragen sich als das herausstellen, was sie sind, und in der Konsequenz auflösen**. O.K.?

* Die Dieter-Bohlen-Methode hat, wie dir bei freiem Gedankenherumtollen sicher aufgefallen wäre, nichts mit D.F.W.s Aussage zu tun. Es geht letzterem überhaupt nicht um irgendeine Methode oder Hit oder dergleichen, er teilt seine praktische Erfahrung zur Frage, wann jemand sich als halbwegs erfahrener Schreiberling qualifizierte, aus den von ihm geleiteten Creative Writing Kursen mit uns – nicht mehr und nicht weniger. (Das ist nebenbei schon der erste Schritt zur Auflösung deiner Frage nach der «grundsätzlich nicht greifbaren» Schreiberfahrung.)
** Eine letzte hinführende Anm. sei noch erlaubt: «Selbst Schriftsteller, bildende Künstler und Musiker müssen – jeder auf seine Weise – wissen, wie man Dinge richtig macht. Sie müssen zumindest in der Lage sein zu vermeiden, sie allzu falsch zu machen. Im Laufe ihrer schöpferischen Arbeit stoßen sie immer wieder auf bedeutende Probleme – Probleme der Technik und des Stils beispielsweise. Gewisse Formen des Umgangs mit diesen Problemen sind eindeutig besser als andere. Möglicherweise ist keine Form des Umgangs mit irgendeinem dieser Probleme unbestreitbar und ausschließlich richtig. Viele der Alternativen sind jedoch offensichtlich unrichtig. Ja, bei einigen kann man sofort und ohne daß es darüber einen Streit geben könnte, feststellen, daß sie wirklich entsetzlich sind.» (Frankfurt, H.G. (2006): On Truth. New York : Alfred A. Knopf)
Alles weitere: siehe eure vorhergehenden Beiträge.

@ Mathematische Gefühlsleere & Autoritätsbeweis (KrystanX)
Ad 1: Die tiefe Gliederung der Notiz diente des leichteren Nachvollzugs und – damit natürlich einhergehend – der leichteren (Thesen-)Kritik.

Ad 2: Du sagst selbst, die Thesen meiner Notiz seien «sicher nicht falsch».

Ad 3: Wenn der Inhalt meiner Notiz also nicht falsch sei – und das auch noch mit Sicherheit! –, wozu bedarf sie oder ihr Autor dann noch irgendeiner Autorität? Etwas, das wahr ist*, ist wahr völlig unabhängig von demjenigen, der die wahre Aussage trifft. Ein Beispiel: Wenn vor Gericht ein Kronzeuge, der also mehr oder minder selbst in kriminelle Tätigkeiten verwickelt war, eine beweiskräftige Zeugenaussage trifft, die die wahren Umstände einer Tat wiedergibt (z.B. dass Person X tatsächlich zum Zeitpunkt T in Anwesenheit des Kronzeugen die Drogenübergabe durchführte), dann wird seine Aussage in keiner Weise weniger wahr dadurch, dass er als kriminelle Person nicht die Autorität besitzt, die einer Person zukäme, die sich nichts zu Schulden hätte kommen lassen. Oder noch ein anderes – trivialeres? – Beispiel: Wenn A. Hitler sagte, dass Moskau östlich von Berlin liegt, dann änderte seine Person an der Wahrheit der Aussage gar nichts. Denn es geht nicht um die Person, sondern um die Aussage selbst. Und deren Wahrheitsgehalt wird durch keinen Sprecher in irgendeiner Weise modifiziert.

Ad 4: Es geht mir nicht um gefühlsseliges Herzausschütten, sondern um eine zutreffende, nicht allumfassende Antwort auf die Frage, die Kojote implizit in seinen Beiträgen in einem anderen Thread stellte. Und zutreffend kann sie nur sein, wenn sie wahr ist. In diesem Sinne ging es mir also um die Wahrheit.
Sein Herz auszuschütten ist LITEROTICA m.E. nicht der adäquate Ort**. Ginge es mir bloß darum, sei gewiss, würde ich hier sicher keine derart ausschweifenden Beiträge schreiben.

* Die Negation einer falschen Aussage entspricht logisch einer wahren Aussage. Wenn du sagst, dass die Aussage meiner Notiz «sicher nicht falsch» sei, dann ist das als genau eine solche Negation wie folgt analysierbar: es gilt Nicht-F, mit F=Die Aussagen meiner Notiz sind sicher falsch und F=falsche Aussage, also gilt auch: Nicht-F=wahre Aussage. Du sagst also letztlich nichts anderes, als das meine Notiz (inhaltlich) wahr ist.
** Und auch diese Aussage zielt auf die Wahrheit und ist nicht bloß herzlicher Eintrag in der seelischen Kummerbox.

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Beste Grüße,
–AJ
 
Last edited:
* Die Negation einer falschen Aussage entspricht logisch einer wahren Aussage. Wenn du sagst, dass die Aussage meiner Notiz «sicher nicht falsch» sei, dann ist das als genau eine solche Negation wie folgt analysierbar: es gilt Nicht-F, mit F=Die Aussagen meiner Notiz sind sicher falsch und F=falsche Aussage, also gilt auch: Nicht-F=wahre Aussage. Du sagst also letztlich nichts anderes, als das meine Notiz (inhaltlich) wahr ist.
** Und auch diese Aussage zielt auf die Wahrheit und ist nicht bloß herzlicher Eintrag in der seelischen Kummerbox.

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Beste Grüße,
–AJ

In einem Binären Universum hättest du auch bestimmt recht ;)
 
01010001110

In einem Binären Universum hättest du auch bestimmt recht ;)
Entschuldige, aber ich ich kann nicht folgen.
Habe ich in meinen trivialen Ausführungen zu dem Punkt, dass die Negation einer falschen Aussage logisch einer wahren Aussage äquivalent ist, einen Fehlerteufel platziert?
Ich lerne immer gern dazu: Wenn du mich also berichtigen könntest...
 
Meiner Meinung gibt es nur eine richtige Art zu schreiben: Machs einfach!
Mit jedem geschriebenem Satz wird es besser. Nach vielen Sätzen ist es viel besser. Nach vielen vielen Sätzen wird man/frau automatisch ein paar alte löschen und "noch mal von vorn anfangen". Ich denke: wer Lust zu Schreiben hat, soll es einfach tun ... Danach das eigene Lesen, als wäre es von einem Fremden fällt schwer, ist aber notwendig.
Wer eine Geschichte/Szene/Fantasie im Kopf hat und sie loswerden will/loswerden muss, braucht vor allem Mut. Deshalb: habt Mut und wagt! Lasst euch nicht verwirren!
 
Meiner Meinung gibt es nur eine richtige Art zu schreiben: Machs einfach!
Mit jedem geschriebenem Satz wird es besser. Nach vielen Sätzen ist es viel besser. Nach vielen vielen Sätzen wird man/frau automatisch ein paar alte löschen und "noch mal von vorn anfangen". Ich denke: wer Lust zu Schreiben hat, soll es einfach tun ... Danach das eigene Lesen, als wäre es von einem Fremden fällt schwer, ist aber notwendig.
Wer eine Geschichte/Szene/Fantasie im Kopf hat und sie loswerden will/loswerden muss, braucht vor allem Mut. Deshalb: habt Mut und wagt! Lasst euch nicht verwirren!

I totally second that! ;)
 
Widerspruch

[E]s [gibt] nur eine richtige Art zu schreiben: Machs einfach!
Mit jedem geschriebenem Satz wird es besser. Nach vielen Sätzen ist es viel besser.
Dass diese so naive wie romantische Vorstellung vom Schreiben im Allgemeinen – leider? – nicht zutreffen kann, zeigt derzeit das Phänomen "swriter" mal wieder auf schlagende Art und Weise, s.o. Bb) gegen Ende.

Die Moral: Es bedarf offensichtlich eben doch mehr als nur des bloßen Wunsches und Mutes zu schreiben, um auch etwas wirklich "Gutes" oder eigentlich Lesenswertes zu schreiben.

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Beste Grüße,
–AJ
 
Last edited:
So verzeifelt, dass du Leichen fleddern musst, Stinker? :D
 
Also der Aufbau einer Geschichte ist im Grunde gar nicht so kompliziert.

Das ist vom Grundprinzip her:


1) Einleitung
2) Hauptteil
3) Schluss


In der 1) Einleitung stellst du die handelnden Personen vor, bringst die Rahmenbedingungen, erzählst das ganze Drumherum.

Im 2) Hauptteil passiert die eigentliche Handlung: Da muss mit dem/der Haupthandelnden irgendetwas Wesentliches passieren - er/sie muss einen Konflikt lösen, er/sie muss eine Leistung erbringen, etc...

Dies ist dann auch der Teil, wo etwaige handlungstechnische Kniffe verpackt werden.

Und dann 3) der Schluss muss die Auflösung der Geschichte beschreiben. Evtl. erzähl-dynamisch runter gehen vom Gas, wenn die Story sich in einem weiteren Kapitel fortsetzt, dann kann man einen sog. Cliffhanger einbauen... (siehe Lost)

Aber im Grunde: So ist der Aufbau einer klassichen Geschichte.
 
Last edited:
der Schluss muss die Auflösung der Geschichte beschreiben.

Oder ein offenes Ende, also kurz nach dem Höhepunkt endet die Geschichte ohne weiteren Kommentar.

Wobei offenes Ende und Cliffhanger das Gleiche sein können.
 
Sorry, aber jetzt muss ich doch auch mal eine Lanze für kimber22 brechen!

Ich kann nicht glauben, dass dir zum Wort "Einleitung" außer "Ich bin Sabine, 1,75m gross und habe einen Knackarsch" oder Vergleichbarem nichts einfallen will.

Personen vorstellen kann man natürlich auch anders, es bleibt dennoch eine Vorstellung, wenn der Leser nach der Einleitung weiß, mit wem er es zu tun hat. WIE das geschehen soll, hat kimber22 aber nicht im Detail ausgeführt. Somit bleibt es dem Autor überlassen.

Allerdings, WENN dem Autor nichts Besseres einfällt, als die Geschichte mit "Ich bin Sabine, 1,75m gross und habe einen Knackarsch" o.ä. zu beginnen, dann habe ich dieselben Fluchtinstinkte.
Du hast übrigens bei deiner "Vorstellung" die Körbchengröße vergessen. Das gehört bei solchen Einleitungen unabdingbar dazu!
;)
 
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