Auden James
Erotist
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- Aug 13, 2008
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Also unter dem Ungewicht jenes läppischen Threads eines gewissen offen kompulsiven Wichsers (O.K.W.) folgen an dieser Stelle von mir nur ein paar skizzenhaft-kurze Anmerkungen zur am eindringlichsten von Kojote vorgetragenen Frage bzgl. des Standard-Themas «Ich schreib‘ Geschichten, klar. Aber mach ich's auch richtig (oder zumindest nicht allzu falsch)?».
A. Die (richtige/nicht allzu falsche) Vorgehensweise wird durch zwei Einflussgrößen bestimmt:
--- 1. Die persönliche Schreiberfahrung des Autors X.
--- 2. Das Ziel, das Autor X in das Schreibprojektes P legt.
zu A.1.
a) Unter der Annahme, dass X ein halbwegs erfahrener Schreiberling* ist, gilt: X hat akzeptable und inakzeptable Schreibergebnisse verwirklicht. Und X hat in seiner Schreiberfahrung die Vorgehensweisen, die zu akzeptablen Ergebnissen führten, von den Vorgehensweisen getrennt, die zu inakzeptablen Ergebnissen führten. Unter der Voraussetzung, dass X akzeptable Ergebnisse bevorzugt (oder aktiv anstrebt), gilt: X wählt für zukünftige Schreibprojekte die Vorgehensweise
, die seiner Erfahrung gemäß akzeptable Ergebnisse abgeworfen hat (bzw. haben).
b) Diese methodische Ausrichtung ist nicht in Stein gemeißelt: Wenn sie in der Erfahrung sich nicht länger bewährt, d.h. nicht mehr zu akzeptablen Ergebnissen führt, dann wird X, sofern X noch immer akzeptable Ergebnisse bevorzugt (oder aktiv anstrebt), seine Vorgehensweise umstellen. X wird ggf. (erneut) mit verschiedenen Vorgehensweisen experimentieren, bis (erneut) akzeptable Ergebnisse mithilfe einer bestimmten Methodik (oder Methodiken) verwirklicht werden.
*Nach D.F.W. kämen 50 zu Ende geschriebene Sachen der zu erfüllenden hinreichenden Bedingung eines halbwegs erfahrenen Schreiberlings gleich. Denn bis zu diesem Punkt sei ein jeder mit Sicherheit noch ein Lernender. (Quelle: Salon Features)
ANMERKUNG: Aufgrund A.1a+b+* ist meine These auch mehr als klar, dass Autoren wie rokoerber talentlose Schreiberlinge sind, denn wer bei über 100 zu Ende geschriebenen Sachen nicht einmal die basalsten schreiberischen Kniffe verwirklichen kann, der hat aus seiner mehr als halbwegs vorhandenen Erfahrung (siehe *) offenkundig nichts gelernt. Und was heißt Talentlosigkeit anderes, als trotz aller exzessiver Übung/Anleitung/Erfahrung keinen Nutzen zu gewinnen, nichts zu lernen?
zu A.2.
a) Unter der Voraussetzung, dass X in P ein Ziel T verfolgt, gilt: Je nach Form von T(P) ist möglicherweise eine andere Vorgehensweise die richtige/nicht allzu falsche. Zwei Beispiele, um dies zu illustrieren:
aa)
P: Folge 1037 einer x-beliebigen Telenovela
T: Inszenierung des Schmonzettenklischees #104: Protagonist R folgt Ratschlag 2 seines besten Kumpels U, wobei dieser Ratschlag (wie schon Ratschlag 1) sich – natürlich! – als kontraproduktiv für Rs Versuch, die Protagonistin S für sich zu gewinnen, herausstellt.
Vorgehensweise: In einschlägigem Kitsch nach verwandten Ausbuchstabierungen von T(P) suchen, hier und da eindeutschen oder kontextualisieren und das Drehbuch nach diesem Schema runterschreiben.
bb)
P: Kurzgeschichte über medikamentenabhängigen Call-Boy in US-Kleinstadt Ende der 80er
T: Mit historischen und kulturellen Anspielungen gespickter Narrativ, der die drogenbedingte Veränderung der Realitätsauffassung des Süchtigen und zudem die scheinheilige Doppelmoral der Freier angeregt rüberbringt.
Vorgehensweise:
I. Orientierung/Ideenfindung: Brainstorming zum allg. Stoffgegenstand, um thematischen Verbindungen nachzuspüren und ggf. je einzelne Cluster erstellen (z.B. Medikamentensucht, männliche Prostitution, Prostitution in den USA, Prostitution und US-Kirchen, USA Ende der 80er, usw. usf.).
II. Recherche/Analyse + Strukturierung: Suche nach möglichst validen Infos zum kulturell-historischen Hintergrund oder anderem Stoff, der dem Narrativ möglicherweise "Fleisch" verleihen könnte, (offenen) Fragen nachgehen. Da Kurzgeschichte sollte es genügen eine Charakterbefragung des Call-Boys (Protagonist) zu unternehmen. Brainstorming zu möglichen anderen Typen/Situationen der Kurzgeschichte. Strukturieren des gesammelten Materials. Vom Protagonisten aus das entwickeln, was in der Kurzgeschichte geschieht sowie die Reihenfolge dessen. POV festlegen.
III. Rohfassung erstellen: Ersten Entwurf (runter-)schreiben. Beiseitelegen.
IV. Überarbeiten: Relektüre. Überarbeiten und Korrektur des Textentwurfs. Diese Schritte ggf. mehrmals wiederholen bis ein für X unter T(P) akzeptables Ergebnis verwirklicht ist. Überarbeitete Fassung anderen, neutralen (d.h. also nicht Eltern, Freundin etc.) und kritischen Lesern zum Lesen geben. Kritik notieren, diese überdenken und u.U. einleuchtende Kritikpunkte in neuer Fassung ausbessern. Diese Schritte ggf. mehrmals wiederholen bis ein für X und die Testleser akzeptables Ergebnis verwirklicht ist.
V. Veröffentlichen: P ist abgeschlossen und kann nach Xs Wunsch beliebig eingereicht werden.
B.
a) Also gibt es keine dogmatisch-absolute und immerfort erfolgreiche Vorgehensweise, was das fiktionale Schreiben anbelangt. Die Vorgehensweise hängt (1) von der Erfahrung des Schreibers ab sowie (2) vom Ziel das der Schreibende seinem Schreibprojekt zuschreibt.
b) Zum Schluss sei nicht unerwähnt gelassen, dass die bloße Vorgehensweise allein nicht ein akzeptables Ergebnis garantiert: Die (richtige/nicht allzu falsche) Vorgehensweise ist nicht hinreichende Bedingung für eine gute Geschichte. Falls dieser Eindruck an irgendeiner Stelle meiner skizzenhaften Ausführungen sich eingeschlichen haben sollte, so ist er hiermit ausgeräumt*. (Ob aber die [richtige/nicht allzu falsche] Vorgehensweise nicht vielleicht zumindest notwendige Bedingung für ein erfolgreiches Schreiben ist: Dieser Frage nachzugehen überlasse ich, da ich am Schluss bin, gerne dem neugierigen Kojoten, wie überhaupt aus spezieller Perspektive mich interessierte, was [nicht nur] er wie zu meiner – zugegeben – knappen Antwort auf seine diese meine Antwort erst motivierende Frage zu entgegnen hat.) Richtig ist aber: Die (allzu) falsche Vorgehensweise erschwert immerhin eine gute Geschichte zu schreiben oder entrückt sie in talentbefreiten Händen sogar ins Unerreichbare. Schlagendes Beispiel aus der jüngeren LIT-Praxis: der swriter und sein Œuvre.
*Die Vorgehensweise ist nur (Schreib-)Form. Es liegt jedoch am Schreibenden die Form mit Leben zu füllen.
---
Beste Grüße,
–AJ
A. Die (richtige/nicht allzu falsche) Vorgehensweise wird durch zwei Einflussgrößen bestimmt:
--- 1. Die persönliche Schreiberfahrung des Autors X.
--- 2. Das Ziel, das Autor X in das Schreibprojektes P legt.
zu A.1.
a) Unter der Annahme, dass X ein halbwegs erfahrener Schreiberling* ist, gilt: X hat akzeptable und inakzeptable Schreibergebnisse verwirklicht. Und X hat in seiner Schreiberfahrung die Vorgehensweisen, die zu akzeptablen Ergebnissen führten, von den Vorgehensweisen getrennt, die zu inakzeptablen Ergebnissen führten. Unter der Voraussetzung, dass X akzeptable Ergebnisse bevorzugt (oder aktiv anstrebt), gilt: X wählt für zukünftige Schreibprojekte die Vorgehensweise
b) Diese methodische Ausrichtung ist nicht in Stein gemeißelt: Wenn sie in der Erfahrung sich nicht länger bewährt, d.h. nicht mehr zu akzeptablen Ergebnissen führt, dann wird X, sofern X noch immer akzeptable Ergebnisse bevorzugt (oder aktiv anstrebt), seine Vorgehensweise umstellen. X wird ggf. (erneut) mit verschiedenen Vorgehensweisen experimentieren, bis (erneut) akzeptable Ergebnisse mithilfe einer bestimmten Methodik (oder Methodiken) verwirklicht werden.
*Nach D.F.W. kämen 50 zu Ende geschriebene Sachen der zu erfüllenden hinreichenden Bedingung eines halbwegs erfahrenen Schreiberlings gleich. Denn bis zu diesem Punkt sei ein jeder mit Sicherheit noch ein Lernender. (Quelle: Salon Features)
ANMERKUNG: Aufgrund A.1a+b+* ist meine These auch mehr als klar, dass Autoren wie rokoerber talentlose Schreiberlinge sind, denn wer bei über 100 zu Ende geschriebenen Sachen nicht einmal die basalsten schreiberischen Kniffe verwirklichen kann, der hat aus seiner mehr als halbwegs vorhandenen Erfahrung (siehe *) offenkundig nichts gelernt. Und was heißt Talentlosigkeit anderes, als trotz aller exzessiver Übung/Anleitung/Erfahrung keinen Nutzen zu gewinnen, nichts zu lernen?
zu A.2.
a) Unter der Voraussetzung, dass X in P ein Ziel T verfolgt, gilt: Je nach Form von T(P) ist möglicherweise eine andere Vorgehensweise die richtige/nicht allzu falsche. Zwei Beispiele, um dies zu illustrieren:
aa)
P: Folge 1037 einer x-beliebigen Telenovela
T: Inszenierung des Schmonzettenklischees #104: Protagonist R folgt Ratschlag 2 seines besten Kumpels U, wobei dieser Ratschlag (wie schon Ratschlag 1) sich – natürlich! – als kontraproduktiv für Rs Versuch, die Protagonistin S für sich zu gewinnen, herausstellt.
Vorgehensweise: In einschlägigem Kitsch nach verwandten Ausbuchstabierungen von T(P) suchen, hier und da eindeutschen oder kontextualisieren und das Drehbuch nach diesem Schema runterschreiben.
bb)
P: Kurzgeschichte über medikamentenabhängigen Call-Boy in US-Kleinstadt Ende der 80er
T: Mit historischen und kulturellen Anspielungen gespickter Narrativ, der die drogenbedingte Veränderung der Realitätsauffassung des Süchtigen und zudem die scheinheilige Doppelmoral der Freier angeregt rüberbringt.
Vorgehensweise:
I. Orientierung/Ideenfindung: Brainstorming zum allg. Stoffgegenstand, um thematischen Verbindungen nachzuspüren und ggf. je einzelne Cluster erstellen (z.B. Medikamentensucht, männliche Prostitution, Prostitution in den USA, Prostitution und US-Kirchen, USA Ende der 80er, usw. usf.).
II. Recherche/Analyse + Strukturierung: Suche nach möglichst validen Infos zum kulturell-historischen Hintergrund oder anderem Stoff, der dem Narrativ möglicherweise "Fleisch" verleihen könnte, (offenen) Fragen nachgehen. Da Kurzgeschichte sollte es genügen eine Charakterbefragung des Call-Boys (Protagonist) zu unternehmen. Brainstorming zu möglichen anderen Typen/Situationen der Kurzgeschichte. Strukturieren des gesammelten Materials. Vom Protagonisten aus das entwickeln, was in der Kurzgeschichte geschieht sowie die Reihenfolge dessen. POV festlegen.
III. Rohfassung erstellen: Ersten Entwurf (runter-)schreiben. Beiseitelegen.
IV. Überarbeiten: Relektüre. Überarbeiten und Korrektur des Textentwurfs. Diese Schritte ggf. mehrmals wiederholen bis ein für X unter T(P) akzeptables Ergebnis verwirklicht ist. Überarbeitete Fassung anderen, neutralen (d.h. also nicht Eltern, Freundin etc.) und kritischen Lesern zum Lesen geben. Kritik notieren, diese überdenken und u.U. einleuchtende Kritikpunkte in neuer Fassung ausbessern. Diese Schritte ggf. mehrmals wiederholen bis ein für X und die Testleser akzeptables Ergebnis verwirklicht ist.
V. Veröffentlichen: P ist abgeschlossen und kann nach Xs Wunsch beliebig eingereicht werden.
B.
a) Also gibt es keine dogmatisch-absolute und immerfort erfolgreiche Vorgehensweise, was das fiktionale Schreiben anbelangt. Die Vorgehensweise hängt (1) von der Erfahrung des Schreibers ab sowie (2) vom Ziel das der Schreibende seinem Schreibprojekt zuschreibt.
b) Zum Schluss sei nicht unerwähnt gelassen, dass die bloße Vorgehensweise allein nicht ein akzeptables Ergebnis garantiert: Die (richtige/nicht allzu falsche) Vorgehensweise ist nicht hinreichende Bedingung für eine gute Geschichte. Falls dieser Eindruck an irgendeiner Stelle meiner skizzenhaften Ausführungen sich eingeschlichen haben sollte, so ist er hiermit ausgeräumt*. (Ob aber die [richtige/nicht allzu falsche] Vorgehensweise nicht vielleicht zumindest notwendige Bedingung für ein erfolgreiches Schreiben ist: Dieser Frage nachzugehen überlasse ich, da ich am Schluss bin, gerne dem neugierigen Kojoten, wie überhaupt aus spezieller Perspektive mich interessierte, was [nicht nur] er wie zu meiner – zugegeben – knappen Antwort auf seine diese meine Antwort erst motivierende Frage zu entgegnen hat.) Richtig ist aber: Die (allzu) falsche Vorgehensweise erschwert immerhin eine gute Geschichte zu schreiben oder entrückt sie in talentbefreiten Händen sogar ins Unerreichbare. Schlagendes Beispiel aus der jüngeren LIT-Praxis: der swriter und sein Œuvre.
*Die Vorgehensweise ist nur (Schreib-)Form. Es liegt jedoch am Schreibenden die Form mit Leben zu füllen.
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Beste Grüße,
–AJ
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