Gefühle transportieren

Hierzu bedurfte es allerdings eines Anstoßes von außen, insofern danke ich für die Anregungen im Forum bzw. für die negative, aber konstruktive Kritik von Faith.


swriter

Hallo swriter,

danke für diese Aussage, sie beweißt Größe.

Allerdings lässt sich das, was ich bei meiner Kritik über deine Geschichte meinte, nicht mit Show-don´t-tell lösen.
Den Charakteren dieser Geschichte fehlen die inneren Beweggründe, aber das können wir ja im Laufe der nächsten Veröffentlichungen noch mal Thematisieren.

LG
_Faith_
 
@Kimber

Naja, diesen sarkastisch-anmaßend herablassenden Ton mag ich aber gar nicht so gern... :( (ofaktorisch = Gerüche)

Das war wirklich nicht herablassend gemeint. Im Gegenteil, ich finde das Thema hochspannend.

Soweit ich informiert bin, wird ein guter Teil der Anziehungskraft zwischen den Geschlechtern über die Nase gesteuert, und zwar abhängig von den Immunsystemen. Leute die subjektiv "gut" riechen, haben ein komplementär aufgebautes Immunsystem zum Riechenden, so dass potenzielle Nachkommen eine gute Chance auf eine ergänzende Kombination der entsprechenden Gene und damit Vorteile haben. Macht ja Sinn, evolutionär gesehen.

Möglicher Ausgangspunkt für eine Geschichte: Jemand "stinkt", weil ewig nicht gewaschen o.ä., aber der/die Protagonist/in nimmt das nicht als 100% negativ wahr und ist darob verwundert. Bei einer Wiederbegegnung nach einer Reinigung tritt genau der umgekehrte Effekt ein - total lecker! Das Ganze vielleicht nachts, so dass man kaum was sieht und auf andere Sinne angewiesen ist. Die textuelle Umsetzung erfolgt also stark auf Berühren/Riechen/Schmecken-Ebene...

Bei Gelegenheit versuche ich mal sowas - bin gespannt, ob das funktioniert.
 
Ich habe mich mal ein wenig mit "Show don´t tell" beschäftigt. Manche Beispiele leuchten mir ein, andere weniger. ... Zum Glück weist mich Papyrus Autor auf mögliche Fundstellen hin.

Die Stilanalyse von Papyrus ist ziemlich gut, was Füllwörter-Kontrolle etc. betrifft. Die "Show, don´t tell"-Hinweise finde ich dagegen weniger hilfreich, da anscheinend überwiegend auf Stichwort-Ebene analysiert wird und wenig semantisch. Aber es schadet nie, sich die Hinweise anzuschauen und nachzudenken.
 
Hallo swriter,

danke für diese Aussage, sie beweißt Größe.

Allerdings lässt sich das, was ich bei meiner Kritik über deine Geschichte meinte, nicht mit Show-don´t-tell lösen.
Den Charakteren dieser Geschichte fehlen die inneren Beweggründe, aber das können wir ja im Laufe der nächsten Veröffentlichungen noch mal Thematisieren.

LG
_Faith_

Bei meinen Geschichten bleibe ich bei den Protagonisten mehr oder weniger oberflächlich. Tatsächlich male ich mir die handelnden Personen nicht wirklich aus, ich habe ein grobes Bild, sehe aber keine Details und brauche das auch nicht. Was wieder für die Leser gut ist, die ihre eigene Fantasie bemühen können, sofern sie dazu in der Lage sind.

Was sind die Beweggründe meiner Charaktere? Ich schreibe ja eher Kurzgeschichten, bei denen keine großartige Charakterzeichnung erfolgt und meines Erachtens auch nicht nötig ist.

Welchen Beweggrund sollte der Chef haben, seine heiße Sekretärin auf einen Wochenausflug mitzunehmen, außer dem, mit ihr vögeln zu wollen? Warum er seine Ehefrau betrügt, begründe ich mit diesem Satz: "Zwischen Jutta und ihm war es zu den üblichen Abnutzungserscheinungen im Laufe einer langen Ehe gekommen."
Was darüber hinaus muss man noch sagen?
Und dass die Ehefrau sich den Fitness-Coach schnappt und Spaß mit ihm hat - wozu bedarf es da der Darlegung der Beweggründe? Der Leser kann sich denken, dass sie sich sexuell vernachlässigt fühlt, und da sie ahnt, dass ihr Mann sie betrügt, hat auch sie keine Hemmungen, fremdzugehen.

Natürlich kann man kritisch hinterfragen, warum es dann am Ende so harmonisch abläuft und ausgerechnet jetzt die Eheleute geil aufeinander werden, was sie Jahre zuvor nicht waren. Andererseits bin ich der Meinung, dass man den Lesern nicht alles erklären muss und sie sich in die Charaktere hineinzuversetzen versuchen sollten.

swriter
 
Diesen Satz hatte ich am Ende einer Geschichte gelesen:

Ich lag abends im Bett und mir ballerten die Bilder durch meinen Kopf.

Ist das jetzt lebendige Sprache oder einfach nur mies geschrieben?

swriter

Bei der "Ich"-Form darf man als Autor mehr Umgangssprache in den Fließtext einbringen. Wenn du in der 3. Person schreibst, passt das nicht so. Da gehören solche Ausdrücke in den Dialog.
 
Warum er seine Ehefrau betrügt, begründe ich mit diesem Satz: "Zwischen Jutta und ihm war es zu den üblichen Abnutzungserscheinungen im Laufe einer langen Ehe gekommen."
Was darüber hinaus muss man noch sagen?

Ein klassischer Fall von "Tell". Nicht nur einen möglichen emotionalen Dialog in einen über der Geschichte schwebenden Satz verpackt, sondern diesen auch noch mit einem Allgemeinplatz "Abnutzungserscheinungen" angereichert.

Show: Hätte doch nichts dagegen gesprochen, ein kurzes Handygespräch zu führen, wo genau dieses Verhältnis herauskommt. Eventuell noch bevor die beiden losgefahren sind.
 
Bei meinen Geschichten bleibe ich bei den Protagonisten mehr oder weniger oberflächlich. Tatsächlich male ich mir die handelnden Personen nicht wirklich aus, ich habe ein grobes Bild, sehe aber keine Details und brauche das auch nicht. Was wieder für die Leser gut ist, die ihre eigene Fantasie bemühen können, sofern sie dazu in der Lage sind.


swriter

Das menschliche Gehirn ist gut darin, fehlende Details eigenständig hinzuzufügen.
Ich stimme dir zu, dass ein Autor nicht alles bis ins letzte Detail beschreiben muss.

ABER: Gerade weil ich (als Leser) die inneren Beweggründe in die Charaktere hineininterpretieren musste,
hat der weitere Verlauf der Handlung überhaupt nicht mehr zu dem gepasst, was du am Anfang in meinem Kopf angekurbelt hast.

Fazit: Mit dem Handlungsgerüst dieser Geschichte machst du Leser glücklich, die ihre Fantasie nicht bemühen wollen oder können.
Wer versucht, die inneren Beweggründe der Charaktere zu interpolieren, wird von dem leidenschaftslosen Verlauf enttäuscht.

Einfach drüber nachdenken, sacken lassen - vielleicht hast du mal Lust, eine Geschichte mit diesem Input aufzubauen.

LG
_Faith_
 
Ein klassischer Fall von "Tell". Nicht nur einen möglichen emotionalen Dialog in einen über der Geschichte schwebenden Satz verpackt, sondern diesen auch noch mit einem Allgemeinplatz "Abnutzungserscheinungen" angereichert.

Show: Hätte doch nichts dagegen gesprochen, ein kurzes Handygespräch zu führen, wo genau dieses Verhältnis herauskommt. Eventuell noch bevor die beiden losgefahren sind.

Und das sehe ich eben anders. Wie schon bei der anderen Geschichte, bei der du empfiehlst, ich soll ihre lebenslustige Art weiter vorne "zeigen", bin ich nicht der Meinung, dass ich diese Beweise führen muss. Ich behaupte, jemand ist lebenslustig oder eine Ehe unterliegt Abnutzungserscheinungen - das muss ich nicht zeigen und belegen. Der Leser darf mir ruhig glauben, dass die Personen so sind, wie ich sie charakterisiere.

Diese Charakterzeichnung erscheint mir bei einem Roman machbar, für eine Kurzgeschichte fehlt mir der Raum, das volle Programm "Ich zeige den Lesern alles, was man zeigen kann" anzubringen.

Nicht falsch verstehen - ich werde bei zukünftigen Texten darauf achten, mehr zu zeigen, statt zu erzählen, aber ich möchte das auch nicht übertreiben. Wenn es um allgemeine Charaktereigenschaften geht, die jemand über Jahre mit sich trägt, dann passt meiner Meinung nach die Erzählform. Wenn sich jemand in einer akuten Situation verhält, kann man das zeigen, statt zu berichten. Ich sehe hier klare Unterschiede.

swriter
 
Das menschliche Gehirn ist gut darin, fehlende Details eigenständig hinzuzufügen.
Ich stimme dir zu, dass ein Autor nicht alles bis ins letzte Detail beschreiben muss.

ABER: Gerade weil ich (als Leser) die inneren Beweggründe in die Charaktere hineininterpretieren musste,
hat der weitere Verlauf der Handlung überhaupt nicht mehr zu dem gepasst, was du am Anfang in meinem Kopf angekurbelt hast.

Fazit: Mit dem Handlungsgerüst dieser Geschichte machst du Leser glücklich, die ihre Fantasie nicht bemühen wollen oder können.
Wer versucht, die inneren Beweggründe der Charaktere zu interpolieren, wird von dem leidenschaftslosen Verlauf enttäuscht.

Einfach drüber nachdenken, sacken lassen - vielleicht hast du mal Lust, eine Geschichte mit diesem Input aufzubauen.

LG
_Faith_

Dies ist der letzte Kommentar zu der Geschichte:
Also ich mag die Geschichte, gerade weil sie nicht der sonst üblichen Sensationslust Nahrung gibt, sondern eine gute Lösung anbietet, für die man natürlich Vernunft benötigt, ebenso wie Selbsterkenntnis.

Ich interpretiere das so, dass der Leser sich in der Lage sieht, zwischen den Zeilen zu lesen und dass er, was ich nicht aufgezeigt habe, mit eigenen Gedanken zu füllen vermag.

Kann es vielleicht sein, dass du Erwartungen an die handelnden Personen gestellt hattest, die diese im weiteren Verlauf der Story nicht erfüllt haben? Hast du erwartet, dass es beim Zusammentreffen der Eheleute zum großen Knall kommt, zur Gefühlsexplosion? Und hat dich dann meine Version nicht so abgeholt, wie du es erwartet hast?

Aber ich will mich jetzt nicht endlos rechtfertigen. Dass dem Text Leidenschaft fehlt, will ich nicht abstreiten und ich hätte es an der ein oder anderen Stelle besser lösen können. Jedem Leser kann ich es ohnehin nicht recht machen und ich muss versuchen, einen Weg zu finden, der zunächst mich als Autor zufriedenstellt.

swriter
 
Das war wirklich nicht herablassend gemeint. Im Gegenteil, ich finde das Thema hochspannend.
Soweit ich informiert bin, wird ein guter Teil der Anziehungskraft zwischen den Geschlechtern über die Nase gesteuert...
@Das war wirklich nicht herablassend gemeint: oh, sorry. dann hab ich das wohl in den falschen Hals gekriegt... :rose:
@Soweit ich informiert bin...: Ja :), ganz genau so hab ich's auch gelernt. :) Über das Geruchs-System wird vor allem das gegenseitige Immunsystem abgeklärt; für potentielle zukünftige Kinder... :cattail:

Nun zum eigentlichen Thema:
Möglicher Ausgangspunkt für eine Geschichte: Jemand "stinkt", weil ewig nicht gewaschen o.ä., aber der/die Protagonist/in nimmt das nicht als 100% negativ wahr und ist darob verwundert. Bei einer Wiederbegegnung nach einer Reinigung tritt genau der umgekehrte Effekt ein - total lecker! Das Ganze vielleicht nachts, so dass man kaum was sieht und auf andere Sinne angewiesen ist. Die textuelle Umsetzung erfolgt also stark auf Berühren/Riechen/Schmecken-Ebene...

Bei Gelegenheit versuche ich mal sowas - bin gespannt, ob das funktioniert

Also 1. einmal: Ja, probier's! :)
[ich bin selber noch nicht so weit, dass ich das erzählerisch alles umsetzen kann, was ich hier - theoretisch, in einzelnen Episoden^^ - vielleicht könnte.... ;)]

2. mit dem "stinken" würd ich aber aufpassen.... (gerade das Nicht-Gewaschen-Sein riecht wirklich ekelhaft... und du musst die Gerüche ja auch irgendwie beschreiben... ich würd da eher mit angenehmeren Gerüchen anfangen...)

hihi :) ... eine Sache, die mir grad ein fällt: warum nicht mal eine ganze Begegnung über den Geruch einleiten? zB:
»Ich saß an der Bar wie jeden Abend, da roch ich von links plötzlich ein extrem kräftiges, überaus süßliches Parfum: "Na, Süßer, bist du zum ersten Mal hier?", drang von so nahe, dass ich den heißen Atem am Ohr spürte.«
haha :cattail: ich (als Autor) hab hier noch nicht mit einem Wort beschreiben, was da jetzt jetzt links eigentlich ist --> und trotzdem hat der Leser/die Leserin schon eine ganz genaue Vorstellung, in welcher Situation sich der/die handelnde Person genau in dem Moment befindet.... :D


Auweia, ich glaub, ich muss das in meinem nächsten Text auch mal ausprobieren... :cattail:
 
Den Post wollte ich noch kommentieren:
"Ich lag abends im Bett und mir ballerten die Bilder durch meinen Kopf."
Ist das jetzt lebendige Sprache oder einfach nur mies geschrieben?
Hmm, also für mich wäre an der Stelle "ballern" ungewöhnlich... "rauschen", "huschen", "fahren", "gehen", "laufen".... das tun Bilder normalerweise durch den Kopf...

"donnern"... würde mir noch eher einfallen... (eher noch als "ballern")... [obwohl, "donnern" tut auch eher ein Gedanke; weniger ein Bild... Kann ein Bild "donnern"? (außer natürlich auf den Boden, dorthin kann ein Bild natürlich "donnern" ;)) ...aber durch den Kopf? :cattail:

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Hmm, zur Frage, ob es "lebendige Sprache" oder nur schlecht geschrieben ist....

Naja, diese Vielzahl an Verben haben wir ja nicht umsonst in der deutschen Sprache, also zB:
Die Tochter kommt um 2 Uhr heim.
"Also das verstehst du, wenn ich sage, du sollst um Mitternacht daheim sein!", donnerte der Vater aus dem Sofa, in dem er auf die Tochter gewartet hatte.
vs.
"Also das verstehst du, wenn ich sage, du sollst um Mitternacht daheim sein!", flüsterte der Vater aus dem Sofa, in dem er auf die Tochter gewartet hatte.


--
In dem Beispiel mit den Bildern, die abends durch den Kopf der Protagonistin "ballern", da verstehe ich zB nicht, warum dieses Zeitwort gewählt worden ist...
 
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