Fremdsprache in deutschsprachiger Geschichte

swriter

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Zuletzt wurde die Fortsetzung einer Geschichte veröffentlicht, in der einer der Hauptcharaktere nur der englischen Sprache mächtig ist. Dieser unterhält sich mit deutschsprachigen Charakteren.
Im realen Leben würden die Deutschen ihr Schulenglisch auspacken und sich zur Not mit Händen und Füßen zu verständigen versuchen. Aber wie macht man das am Besten in einer Geschichte?

A)
Die Gespräche werden auf Englisch geführt. Kann der Leser kein Englisch, hat er Pech gehabt oder muss Google Übersetzer bemühen.

B)
Direkt hinter den englischsprachigen Dialogen wird eine Übersetzung angefügt, was den Text ungemein aufbläht und unübersichtlich macht.

C)
In einem Vorwort erkläre ich, dass die Gespräche auf Englisch geführt werden, für ein besseres Verständnis der Leser aber auf Deutsch abgebildet werden.

Wer für A) ist, wird behaupten, dass das am authentischten ist. Ich wäre für C), weil wir uns auf der deutschsprachigen Plattform bewegen und ältere Jahrgänge nicht immer gute Englischkenntnisse aufweisen.
Ich habe mal eine Geschichte geschrieben, die in den USA spielt. Natürlich unterhalten die sich da nicht auf Deutsch. In einem Vowort habe ich erklärt, dass die deutschsprachigen Dialoge zum besseren Verständnis der Leser gewählt wurden.

Wie würdet ihr es lösen? Vor allem dann, wenn zwei Sprachen aufeinandertreffen.

swriter
 
Bereits Tolstoi hat in Krieg und Frieden die auf französisch geführten Gespräche der russischen Aristokraten auf französisch geschrieben (ohne Übersetzung oder einordnendes Vorwort dazu!); dem Erfolg des Romans tat das offenkundig keinen Abbruch. Der Roman fängt tatsächlich sogar auf französisch an: mit der Figurenrede der Hofdame Anna Pawlowna Scherer:
"Eh bien, mon prince. Gênes et Lucques ne sont plus que des apanages ..."
Der Schreiber, der sich für A) entschiede, hätte also die Weltliteratur und Tolstoi auf seiner Seite. Keine schlechte Partie, würde ich sagen, oder?

(Außerdem, aber das merkte der @swriter selber ja bereits an, stehen den heutigen Lesern mit verschiedenen KIs ja Hilfsmittel zur freien Verfügung, um derlei fremdsprachliche Stellen ohne weiteres übersetzen zu lassen!)
 
Das hat alles seine Vor- und Nachteile. Lösung D) wäre, den in englisch gehaltenen Text in Bezug auf die wichtigsten Aussagen indirekt zu erläutern, bzw. verkürzt zu übersetzen, zum Beispiel durch die handelnden Personen.

Beispiel:

Rob: "Could I have another beer?" Rob zeigte auf die Flasche Bier, die noch vor Rainer stand. Er sah noch durstig aus.

Oder:

Rob: "Could I have another beer?"
Reiner zog die Brauen hoch. Was wollter er schon wieder? Ein zweites Bier vielleicht?

So was in der Art. Bei längeren, dialoglastigen Texten wird das aber vermutlich ziemlich umständlich.
 
Ich antworte mit einem ganz klarem und eindeutigen: kommt drauf an!

Ist die Sprachbarriere zentraler Teil der Geschichte und der Handlung? Dann die Tolstoi-Methode nach James.

Ist es eigentlich egal, weil es bei der Charakterzeichnung um die Herkunft geht? Dann alles auf deutsch schreiben.

Wenn ich eine Serie oder einen Film auf deutsch gucke, vergegenwärtige ich selten, dass die Charaktere da eigentlich gerade Englisch sprechen. Das tut zum Verständnis der Handlung selten was zur Sache.
 
Das hat alles seine Vor- und Nachteile. Beispiel:

Rob: "Could I have another beer?" Rob zeigte auf die Flasche Bier, die noch vor Rainer stand. Er sah noch durstig aus.
Oder:
Rob: "Could I have another beer?"
Reiner zog die Brauen hoch. Was wollter er schon wieder? Ein zweites Bier vielleicht?

So was in der Art. Bei längeren, dialoglastigen Texten wird das aber vermutlich ziemlich umständlich.

Ich hatte das Thema vor vielen vielen Jahren schon einmal. Damals bekam ich die "Kritik"/Anmerkung, dass ich zu viele von meinen Dialogen auf Englisch schreiben würde... (Und dass ich eventuell dadurch Menschen, die das nicht verstünden, vertreiben könnte.. .)

Diese Kritik habe ich damals aufgenommen, und "übersetze" (erzählerisch) jetzt nur noch wirklich das, was (aus meiner Sicht) nicht allgemein-englisch ist... (also wie zB die berühmte V-Phrase, die würde ich auf alle Fälle übersetzen, wenn ich sie in einer Erzählung gebrauchen würde:)

In view, a humble vaudevillian veteran,
Cast vicariously as both victim and villain by the vicissitudes of Fate.
This visage, no mere veneer of vanity,
Is a vestige of the vox populi, now vacant, vanished. [kharshit.github]

Also, für den Fall, dass ich ein so ein hohes Englisch verwenden würde in einer meiner Stories ---> DANN würde ich es übersetzen (oder gleich in Klammern dazu schreiben, was das heißt ;-) bpsw.: .. und weiter hielt er den Dolch, weil er nicht stellvertretend Opfer und Täter sein wollte... :)

Aber ansonsten, übersetze ich kein Englisch mehr, was Standard für 14jährige ist... Oder? Ab wann beginnt man in den D-Schulen Englisch zu unterrichten? Bei uns in Ö tut man es mit 8-10 Jahren...

Wobei natürlich: Eminem's "My Name Is".... :ROFLMAO: ist natürlich nicht für 14jährige^^ :ROFLMAO:


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Ich würde mich davor hüten, zu unterstellen, dass jeder Deutsche (oder Österreicher) des Englischen mächtig ist. Ich unterstelle, dass mehr 65-Jährige auf Literotica lesen als 18-Jährige. Und die heutigen Senioren hatten nicht alle Englischunterricht in der Schule.

Und selbst jene, die zwar früher ein paar Jahre lang Schulenglisch über sich ergehen lassen haben, aber weder privat noch beruflich mit dem Englischen konfrontiert werden, dürften nicht in der Lage sein, übliches Englisch mal eben so zu verstehen. Mag ja sein, dass Englisch ein permanenter Begleiter für manche ist. Ein Dachdecker und die Bäckereifachverkäuferin werden sich in ihrem Berufsleben eher weniger damit auseinandersetzen.

swriter
 
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