Visionen vs Impressionen

gLuT

Virgin
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Jul 9, 2021
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Angeregt durch eine Diskussion über die Geschichte einer geschätzten neuen Mitautorin (die hier bitte nicht wieder aufgegriffen werden sollte), würde mich interessieren, wie ihr das seht:

Als Leserin und als Autorin erotischer Geschichten (abweichend zu anderen Erzählungen) tendiere ich dazu, mit Impressionen zufrieden zu sein, und brauche nicht ein komplettes Bild des Sets und Settings. Keine Details der physischen Erscheinung der Protagonisten, Hintergründe, um mich in eine Person hineinzudenken und an ihrem/seinem Erleben teilzuhaben.

Ich habe mich erst gefragt, ob das eine typisch weibliche Einstellung/Vorliebe ist, aber das glaube ich gar nicht mal. Bei mir ist es so, dass für mich Details wie Aussehen, Körbchengröße, Alter usw. völlig sekundär sind. Vielleicht liegt es daran, dass ich kein visueller Typ bin. D.h. ich kann zum Beispiel mit Pornos und Fotos überhaupt nichts anfangen. Darum lese und schreibe ich Geschichten. Weil hier etwas in und mit meiner Fantasie geschieht, die im besten Fall angeregt wird. Die etwas leisten können, was Bilder nicht leisten, Empfindungen, Gedanken, Gerüche, Geschmack, etc. vermitteln, was Bilder eben nicht können. Dafür reichen mir beim Lesen und Schreiben Impressionen, kurze Eindrücke.

Ich denke, es wäre ein Fehlschluss zu sagen, eine Geschichte braucht dies oder das um komplett zu sein. Und denke eher, für spezifische Typen ist die Präsenz bestimmter Details wichtiger als für andere (also z.B. wer mehr visuell ausgerichtet ist, braucht vermutlich diese Details, die für mich unwichtig oder sekundär sind). Das heißt für mich unter anderem auch, dass ich bei Erzählungen in der dritten Person weniger gut Zugang finde, als bei Ich-Erzählungen, mir da eben genau diese direkte Bezugsebene fehlt, da von außen auf die Situation "geblickt" wird.

Wie seht ihr das, und wie schätzt ihr euch ein?
 
Dann hoffen wir mal, dass es in diesem Thread sachlich bleibt.

Wie ich an anderen Stellen bereits erklärt habe, verzichte ich in meinen Texten auf konkrete Angaben wie Körpergröße, Gewicht oder Körbchengröße. Stattdessen könnte man schreiben, sie ist schlank, zierlich, einen Kopf kleiner als ihr Partner. Sie hat üppige Brüste oder einen knackigen Hintern etc. Natürlich sollten diese Informationen im Laufe der Geschichte einfließen und nicht wie in einem Steckbrief heruntergerasselt werden.

Ganz ohne Informationen möchte ich die Leser allerdings nicht an den Text lassen. Es macht schon einen Unterschied, ob es sich um eine dralle 100-Kilo-Blondine handelt oder um eine zarte Brünette mit gerade einmal 45 Kilo. Das Alter gebe ich an und meistens auch die Haarfarbe. Eine Brille erwähne ich, andere Dinge wie Schmuck, Sommersprossen, Tätowierungen etc. lasse ich in der Regel weg.

Ich stelle bei mir fest, dass ich Frauen genauer beschreibe als Männer. Bei meinen männlichen Charakteren ist oftmals schon beim Alter Schluss. Könnte es daran liegen, dass ich ein Mann bin?

Zu den Hintergründen der Charaktere schreibe ich nie etwas. Bei mir beginnt die Geschichte mit einer Szene und was am Tag zuvor gewesen ist oder was in den vergangenen 10 Jahren passiert ist, gebe ich nicht vor. Natürlich nehme ich im Laufe des Textes Bezug auf früher, wenn es sinnvoll erscheint. Für den Leser sollte aber deutlich werden, warum die Personen genau in diesem Augenblick dort sind. Aber auf keinen Fall ein ultralanger Rückblick auf früher, was für die Geschichte irrelevant ist. Manche Autoren fangen bei Adam & Eva an, weil sie glauben, sie müssten so viele Infos wie möglich unterbringen.

Menschen, die sehr visuell gepolt sind, dürften mit Pornos ohnehin besser bedient sein als mit einem Text. Wer so gar keine Fantasie hat, dürfte mit den meisten Büchern ohnehin nichts anfangen können und schaut lieber Filme. Sicher gibt es bei allen Lesern Abstufungen. Bei dem einen hätten weitere Infos nicht geschadet, andere verlieren die Lust am Lesen, wenn man die Protagonistin als brünett beschreibt, weil er halt nur auf Blondinen steht. Allen kann man es als Autor ohnehin nicht rechtmachen.

swriter
 
Bei der Ich-Perspektive muss man Informationen natürlich anders vermitteln.

"Sie betrachtete ihr Spiegelbild und verfluchte die Pfunde, die sich im Laufe der Jahre angesammelt hatten."

Vs

"Menno! Blöde Hüftringe. Vielleicht sollte ich doch mal wieder ins Fitnesscenter gehen."

Beides ist besser als zu Beginn "Susi wog 75 Kilo und hatte im letzten Jahr zehn Kilo Übergewicht angesammelt."

Welche Perspektive für mich schwieriger ist, kann ich spontan nicht sagen.

swriter
 
Ich stelle bei mir fest, dass ich Frauen genauer beschreibe als Männer. Bei meinen männlichen Charakteren ist oftmals schon beim Alter Schluss. Könnte es daran liegen, dass ich ein Mann bin?

swriter
Nö, wieso, das bei mir nicht anders. Hängt aber wohl damit zusammen, dass bei mir Männer höchstens mal als Statisten auftauchen. :whistle:

Hintergrundinfos gebe ich oft einfach innerhalb von Gesprächen, oder kurzen Gedankenflashbacks. Also genauso, wie sie bei mir im richtigen Leben auftauchen. Ich bin nicht (noch nicht) die Frau, die sich hinsetzt und über die guten alten Zeiten nachdenkt. Ich hätte deinen Beispielsatz übrigens etwas anders formuliert: "Fuck! Wer ist denn diese fette Sau da im Spiegel?"

Tattoos beschreibe ich oft nur dann, wenn sie im Gesichtsfeld auftauchen, also z.B. auf Schamhügeln (wo sie mir am besten gefallen). Erst seit kurzem beschreibe ich manchmal auch Haarfarbe und Körperbau der Partnerinnen, nachdem das mal moniert wurde. Meine Heldinnen sehen ohnehin immer so wie ich aus (also blond und unglaublich sexy :devilish: ), und weil das in meinem Kopf klar ist, vergesse ich wohl oft, das zu erwähnen.

Also, wenn ich das richtig verstehe, siehst du dich auch nicht so sehr dem visuellen Typ zugeordnet?
 
Ich mag es wenn bei einer Story auch vermeintliche Nebensächlichkeiten beschrieben werden, was die Umwelt und z.B. die Einrichtung eines Raums betrifft. Muss nicht seitenlang mit jedem Detail sein aber Grundzüge und das eine oder andere nette Detail schaden nicht insbesondere wenn sie zum Charakter des Bewohners passen und diesen somit untermalen.

Auch bei Personen mag ich eine Beschreibung. allerdings nicht heruntergerattert in KG, Zentimetern und Körbchengröße. Da mag ich es wenn man im Text einfließen lässt, daß Person XY schulterlange brünette Haare hat.
 
Wobei ich mich lustigerweise vor nicht allzu langer Zeit mit einem professionellen Autor (also einem der damit seine Brötchen verdient) von Sex-Storys unterhalten hatte.
Der war der Meinung, daß es schlechter Stil wäre die Hauptfiguren gut zu beschreiben.
 
Das ist pauschal nicht zu beantworten. Angelegentlich sei die Vielfalt der Auffassungen unterschiedlichster Dichter und Denker zu dieser Thematik beispielhaft deutlich gemacht:

André Gide war der Auffassung, daß auf das Äußere von Romanfiguren grundsätzlich mit keinem Worten eingegangen werden sollte. Für Dean Koontz wiederum ist das äußere Erscheinungsbild fester Bestandteil der Charakterisierung einer (Haupt-)Figur und sollte vom Autor im Vorfeld en detail in einem Dossier festgehalten werden. Horaz, der in seinem wirkmächtigen Brief De arte poetica ("Über die Dichtkunst") verschiedenste Weisungen für Autoren ausgibt, wiederum war sich sicher: ut pictura poesis ("eine Dichtung ist wie ein Gemälde"). Lessing dagegen sah Dichtung und Malerei nachgerade im vollkommenen Gegensatz zueinander, weshalb sogar die Art der darstellbaren Dinge sich zwischen beiden grundsätzlich unterscheide.

Was macht man nun daraus?

Nun, mein Schluß ist der, daß der Umfang und die Tiefe der Beschreibung eben davon abhängen, was und wie erzählt werden soll.

Daß "Hauptfiguren gut zu beschreiben" schlechter Stil sei, mutet angesichts dessen wie eine ihrer Pauschalität wegen schlechterdings unhaltbare Aussage an. Oder wollte der nicht namentlich genannte professionelle Autor allen Ernstes Nabokov schlechten Stil attesteren, wenn er in Ada or Ardor die titelgebende Ada wie folgt detailliert beschreibt:

Was she really pretty, at twelve? Did he want—would he ever want to caress her, to really caress her? Her black hair cascaded over one clavicle and the gesture she made of shaking it back and the dimple on her pale cheek were revelations with an element of immediate recognition about them. Her pallor shone, her blackness blazed. The pleated skirts she liked were becomingly short. Even her bare limbs were so free from suntan that one’s gaze, stroking her white shins and forearms, could follow upon them the regular slants of fine dark hairs, the silks of her girlhood. The iridal dark-brown of her serious eyes had the enigmatic opacity of an Oriental hypnotist’s look (in a magazine’s back-page advertisement) and seemed to be placed higher than usual so that between its lower rim and the moist lower lid a cradle crescent of white remained when she stared straight at you. Her long eyelashes seemed blackened, and in fact were. Her features were saved from elfin prettiness by the thickish shape of her parched lips. Her plain Irish nose was Van’s in miniature. Her teeth were fairly white, but not very even.
 
Last edited:
Daß "Hauptfiguren gut zu beschreiben" schlechter Stil sei, mutet angesichts dessen wie eine ihrer Pauschalität wegen schlechterdings unhaltbare Aussage an. Oder wollte der nicht namentlich genannte professionelle Autor allen Ernstes Nabokov schlechten Stil attesteren, wenn er in Ada or Ardor die titelgebende Ada wie folgt detailliert beschreibt:
Vielleicht sollte ich noch erklären wie wir auf dieses Thema überhaupt gekommen sind. Er hatte Teile seien Story in einem anderen Forum veröffentlicht und gefragt wie der Text ankommt. Ich habe ihm daraufhin Kritik gegeben, daß er viele der handelnden Personen zu wenig oder gar nicht beschrieben hat. Daraufhin hat er das mit dem Stil geantwortet.
Wir hatten also in diesem Punkt eine andere Meinung.
Jetzt kann ich natürlich nicht sagen worauf er seinen Standpunkt aufbaut. Und ich will da auch nicht spekulieren, da das recht unfair wäre.
Professionell heisst in diesem Zusammenhang für mich übrigens auch nur, daß er davon lebt was er schreibt, und gibt keine Wertung über seine Texte ab. Dazu müsste ich ja genau wissen wie oft sich seine Sachen verkaufen und wie sie im Allgemeinen bewertet werden.
 
Ich denke, ich wäre mit Aussagen wie schlechter Stil auch vorsichtig. Für mich persönlich sind solch detaillierte Beschreibungen von Personen oder Orten größtenteils überflüssig. Es sei denn, es sind Stilmittel, also sozusagen Funktionsträger. Wie bspw. bei Emile Zolas "Die Sünde des Abbé Mouret", wo gemäldehafte Beschreibungen des Gartens im Zusammenhang mit dem geschlechtlichen Erwachen der Protagonisten eben genau die erotische Atmosphäre generiert, und in Wechselbezug setzt.

Aber ich sehe auch Tendenzen, dass eben diese bildhaften Darstellungen bei vielen mir bekannten und befreundeten AutorInnen mehr und mehr zurückgehen. Also das Geschehen vom Äußeren weg mehr in das Innere verlagert wird. Also eher eine Entwicklung zu Impressionen und Assoziationen hin. Womit ich wie erwähnt sehr gut zurechtkomme, aber ohne Weiteres akzeptieren kann, wenn das bei anderen anders ist.
 
Mal anders. Vergleichen wir Film und geschriebene Storys. Beides hat gewisse Vorteile. Beim Film kann nicht schlecht Gedanken von Personen darstellen. Der einzige machbare Weg ist da meist eine Stimme aus dem Off. In geschriebenen Storys geht das viel besser.
Dafür können Filme mit Bildern viele Sachen erklären die man bei einer einzigen Kameraeinstellung sieht.
Dafür braucht man in einem geschriebenen Stück einige Absätze oder mitunter ganze Seiten.
 
Und wieso hat ein professioneller Autor es nötig, in einem Internetforum um Hilfestellung für seine Texte zu bitten? Dafür gibt es doch normalerweise, wenn schon niemanden sonst, den jeweiligen Verlagslektor ... Das finde ich schon etwas kurios!

Ansonsten gilt natürlich, daß irgendeine Beschreibung nicht stets besser ist als gar keine Beschreibung, denn Beschreibungen wollen natürlich – wie alles andere auch – gekonnt sein; wer seine Stärken woanders hat, mag also lieber von (detaillierten) Beschreibungen Abstand nehmen, um seine Texte nicht unnötig zu schwächen. Das mag vielleicht auch der schnöde Grund sein, aus dem so mancher Schreiber sich mit Beschreibungen auffällig zurückhält ...

Auch im Film gibt es noch andere Möglichkeiten, um Gedanken darzustellen, wie z. B. mit Hilfe der Montagetechnik. Mit dem Film verhält es sich, was das Visuelle anlangt, denke ich, ähnlich wie mit der Malerei in bezug auf Geschriebenes: der Beschauer hat sozusagen augenblicklich den Überblick, während der Leser erst Satz um Satz, Absatz um Absatz lesen muß, um den Überblick zu gewinnen. Die zeitliche Komponente ist also, wie schon Lessing bemerkte, nicht zu vernachlässigen!
 
Mal anders. Vergleichen wir Film und geschriebene Storys. Beides hat gewisse Vorteile. Beim Film kann nicht schlecht Gedanken von Personen darstellen. Der einzige machbare Weg ist da meist eine Stimme aus dem Off. In geschriebenen Storys geht das viel besser.
Dafür können Filme mit Bildern viele Sachen erklären die man bei einer einzigen Kameraeinstellung sieht.
Dafür braucht man in einem geschriebenen Stück einige Absätze oder mitunter ganze Seiten.
Genau. Deshalb versuche ich das oft gar nicht erst. Ich habe in einer Geschichte Impressionen von einem Marokko-Urlaub verarbeitet. Bildhafte Beschreibungen hätten die ohnehin für meine Verhältnisse schon lang geratenen Darstellungen sinnfrei aufgebläht. Und habe mich mehr auf Empfindungen und Atmosphären konzentriert. Obwohl es sozusagen ein Fest für alle Sinne war.
 
Es ist auch noch auf den Unterschied zu achten zwischen den Fragen: "Beschreibungen: ja oder nein?" und: "Wieviel Beschreibung ist zuviel?" Wer die erste Frage bejaht, muß ja nicht deshalb die Auffassung vertreten, daß mehr zu beschreiben stets auch besser sei.
 
Mit dem Film verhält es sich, was das Visuelle anlangt, denke ich, ähnlich wie mit der Malerei in bezug auf Geschriebenes: der Beschauer hat sozusagen augenblicklich den Überblick, während der Leser erst Satz um Satz, Absatz um Absatz lesen muß, um den Überblick zu gewinnen. Die zeitliche Komponente ist also, wie schon Lessing bemerkte, nicht zu vernachlässigen!
Kaum zu glauben, aber hier stimmen wir mal hundertprozentig überein.
 
Dafür braucht man in einem geschriebenen Stück einige Absätze oder mitunter ganze Seiten.
Wenn diese Absätze oder auch ganzen Seiten jedoch gelungen geschrieben sind, was spricht dann dagegen?

Um noch einmal das oben zitierte Beispiel der detaillierten Beschreibung Adas durch Nabokov heranzuziehen, so wäre ihr Äußeres im Film innerhalb einer Einstellung, in der die Darstellerin für ein paar Sekunden in einem kurzen Faltenrock durchs Bild läuft und die Haare zurückwirft, realisierbar. Aber ist Nabokovs Beschreibung deshalb überflüssig? Bläht sie seinen Roman "sinnfrei" auf?
 
Um noch einmal das oben zitierte Beispiel der detaillierten Beschreibung Adas durch Nabokov heranzuziehen, so wäre ihr Äußeres im Film innerhalb einer Einstellung, in der die Darstellerin für ein paar Sekunden in einem kurzen Faltenrock durchs Bild läuft und die Haare zurückwirft, realisierbar. Aber ist Nabokovs Beschreibung deshalb überflüssig? Bläht sie seinen Roman "sinnfrei" auf?
Zum einen ist es keine rein visuelle Beschreibung, sondern eine emotional besetzte (also Assoziation und Impression heftig mit am Start), zum anderen würde ich nicht das beurteilen wollen, weil ich den Roman nicht gelesen habe. Ich würde hier sagen, er versucht eine gewisse Faszination zu vermitteln, zu der ich keinen Bezug finde, weil mich zwölfjährige Mädels nun eher nicht ansprechen.
 
Was soll denn bitteschön eine "rein visuelle Beschreibung" sein? Und wieso sollten bei der Beschreibung des Äußeren einer Figur "Assoziationen und Impressionen" diese irgendwie unrein machen? Und sebst wenn man diese Anteile aus der entsprechenden Textstelle entfernte, bliebe immer noch reichlich viel an Beschreibung übrig:

Her black hair cascaded over one clavicle [...]. [...] The pleated skirts she liked were becomingly short. Even her bare limbs were so free from suntan that one’s gaze, stroking her white shins and forearms, could follow upon them the regular slants of fine dark hairs, the silks of her girlhood. The iridal dark-brown of her serious eyes [...] seemed to be placed higher than usual so that between its lower rim and the moist lower lid a cradle crescent of white remained when she stared straight at you. Her long eyelashes seemed blackened, and in fact were. Her features were saved from elfin prettiness by the thickish shape of her parched lips. Her plain Irish nose was Van’s in miniature. Her teeth were fairly white, but not very even.
 
Was soll denn bitteschön eine "rein visuelle Beschreibung" sein? Und wieso sollten bei der Beschreibung des Äußeren einer Figur "Assoziationen und Impressionen" diese irgendwie unrein machen? Und sebst wenn man diese Anteile aus der entsprechenden Textstelle entfernte, bliebe immer noch reichlich viel an Beschreibung übrig:
Eine rein visuelle Beschreibung wäre: Sie war ein zwölfjähriges, blasses Mädchen mit schulterlangem, dunklen Haar, braunen Augen, einer kleinen Stupsnase, vollen Lippen, weißen, aber nicht unbedingt geraden Zähnen. Der Rest sind Wertungen, Assoziation, Eindrücke. Von "unrein" habe ich nirgendwo gesprochen.
 
Wenn diese Absätze oder auch ganzen Seiten jedoch gelungen geschrieben sind, was spricht dann dagegen?

Um noch einmal das oben zitierte Beispiel der detaillierten Beschreibung Adas durch Nabokov heranzuziehen, so wäre ihr Äußeres im Film innerhalb einer Einstellung, in der die Darstellerin für ein paar Sekunden in einem kurzen Faltenrock durchs Bild läuft und die Haare zurückwirft, realisierbar. Aber ist Nabokovs Beschreibung deshalb überflüssig? Bläht sie seinen Roman "sinnfrei" auf?
Spricht rein gar nichts dagegen, habe ich nie behauptet. Nur daß es in Filmen schneller geht. Das ist für mich recht wertfrei...
 
Nun ja, dann mag das vielleicht auch einer der Gründe dafür sein, wieso so mancher Schreiber heutzutage auf (detaillierte) Beschreibungen verzichtet: weil heute alles schnell gehen muß – am besten innerhalb weniger Klicks –, wären (detaillierte) Beschreibungen von Nachteil, weil die Lesedauer unnötig (da sie die Handlung als solche nicht unbedingt voranbringen) in die Länge ziehen würden. Also wird kurzerhand auf sie verzichtet!
 
kommt vielleicht auch auf die Art der Story an. Ob es nun eine Westernstory oder eine Sex-Story ist mag da einen großen Unterschied für viele Leser darstellen...
 
Ich dachte, wir reden hier – vornehmlich – über Geschichten, wie sie auf LIT veröffentlicht werden? Und wer liest heute noch Westerngeschichten? Ich glaube, selbst Karl May ist langsam out ...
 
Ich dachte, wir reden hier – vornehmlich – über Geschichten, wie sie auf LIT veröffentlicht werden? Und wer liest heute noch Westerngeschichten? Ich glaube, selbst Karl May ist langsam out ...

Zum einen: Laut dieser Umfrage lesen 9% aller Deutschen Westerngeschichten. Kein riesiger Markt, aber auch nicht vernachlässigbar. Eine Menge neu geschriebener Liebesromane befassen sich mit Cowboys. (z.B. auch hier)

Zum anderen: Ja, es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man reine Pornogeschichten schreibt - und das Lit-Publikum verzeiht so ziemlich alles - oder den Sex in "richtige" Geschichten einbettet. Im letzteren Fall sollte man die grundlegenden Regeln des Handwerks wirklich nicht ignorieren. Allerdings gibt es im speziellen Fall der Detailliertheit von Personenbeschreibungen durchaus widersprüchliche Meinungen. Varianten wie "Ich, 1,63, vollbusig" oder der sofortige Blick in den Spiegel zu Beginn einer Geschichte sollte man tunlichst vermeiden. Bei einer Geschichte in der ersten Person kann ein *motivierter* Blick in den Spiegel durchaus passend sein. (Wenn sie sich z.B. für ihn vorbereitet).

Grüße
Phiro
 
Um des Arguments willen einmal angenommen, daß die Methodik (über die so gut wie nichts mitgeteilt wird) der verlinkten Studie einwandfrei war, so fällt doch auf, daß die betreffende Kategorie eben nicht nur "Westerngeschichten" heißt, sondern "Abenteuer & Western" (Hervorh. AJ), was so viele Geschichten einschließt, die nichts mit Western zu haben, daß sich daraus schlechterdings gar keine Aussage ableiten läßt, wie viele Leser es hierzulande für Westerngeschichten gibt.

Und auch eine Geschichte im eigentlichen Sinne kann mit "Ich, 1,63, vollbusig ..." beginnen, warum nicht? Wenn es zum Ich-Erzähler paßt? Vielleicht beginnt die Geschichte ja auch mit einer Kontaktanzeige? Es gibt so viele Möglichkeiten, eine Geschichte anzulegen, daß solche pauschalen Verbote mir letztlich nicht haltbar erscheinen.
 
Angeregt durch eine Diskussion über die Geschichte einer geschätzten neuen Mitautorin (die hier bitte nicht wieder aufgegriffen werden sollte), würde mich interessieren, wie ihr das seht:

Als Leserin und als Autorin erotischer Geschichten (abweichend zu anderen Erzählungen) tendiere ich dazu, mit Impressionen zufrieden zu sein, und brauche nicht ein komplettes Bild des Sets und Settings. Keine Details der physischen Erscheinung der Protagonisten, Hintergründe, um mich in eine Person hineinzudenken und an ihrem/seinem Erleben teilzuhaben.
Hallo,

für mich spielen die Erscheinung und die Kleidung der handelnden Personen eine große Rolle. Ich liebe es, meine Charaktere in Szene zu setzen, bevor es losgeht.
Gerade bei Fetischen oder gewissen Neigungen ist es für mich ein zentraler Punkt, auf die Haptik und Optik der Outfits einzugehen.

Ebenso bekommt die Erotik einen ganz anderen Drive, wenn man weiß, warum und mit welchen Intentionen die Charaktere das tun, was sie tun, anstatt sie ohne Kontext aufeinanderprallen zu lassen.

Die Kunst liegt darin, die entscheidenden Informationen zu rechten Zeit in der angemessenen Dosis zu vermitteln.
Und damit kommen wir in den Bereich des persönlichen Geschmacks.

lg
_Faith_
 
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