Unter falscher Flagge in Syrien?

rosettenfreak

Lit Instanz
Joined
Jun 2, 2009
Posts
14,423
So, wie die Nachrichten gerade voll von Meldungen sind, klingt dies für mich verdächtig nach einer solchen Operation. Der Grund liegt auf der Hand. Die Regierung dort hatte in letzter Zeit die Oberhand und gleichzeitig ist ihr Chef nicht wirklich dumm. Macht hungrig, sicher, kein großer Menschfreund, gewiss, aber aus einer Position der Stärke heraus Giftgas im mittelgroßen Maßstab einzusetzen macht keinerlei Sinn.

Ob CIA, oder die Saudis dahinter stecken, weiß nicht. Aber zusammen mit dem nicht tötlichen Beschuss von Waffeninspektoren, die das jetzt untersuchen sollten, klingt das eben verdammt nach einer fals Flag Operation, um ein Eingreifen von außen zu legitimieren.

Ob man jetzt einem von Assads Generellen Geld gezahlt hat um Chemiewaffen einzusetzen, ob die Rebellen selbst schon solche Waffen haben, oder ob ein Überläufer diese zum "Wohl" seiner neuen Gesinnung noch rasch eingesetzt hat ...? Keine Ahnung. In jedem Fall habe ich bei der Sache einfach ein verdammt mieses Gefühl. Es klingt einfach nicht schlüssig.

So, so, die Meldung, dass Assad Giftgas eingesetzt hat klingt für dich verdächtig???
Wundert mich nicht.
Assad ist wohl im Grunde genommen ein ganz prima Kerl.
Nur dass die bösen US-Boys nen Grund zum Ballern finden, und ihn sich zur Not selbst basteln--- das würde für dich wohl schlüssig klingen.

Ernsthaft:
Du behauptest, Assad wäre schon länger wieder in einer Position der Stärke.
Diese Einschätzung bezweifle ich.
In einer Position der Stärke würde der Einsatz von Giftgas gegen die eigene Bevölkerung keinen Sinn machen, schreibst du.
Selbst wenn dem so wäre (Assad in einer Position der Stärke): Damit unterstellst du, Politiker; zumal Diktatoren; würden immer rational handeln.
Dem ist nicht so, wie die Geschichte zeigt.
Saddam Hussein war gegenüber den Kurden im Irak auch in einer Position der Stärke-- was ihn damals nicht daran hinderte, Giftgas gegen sie einzusetzen.

lg
"Rosi" (Johannes)
 
Last edited:
@Giftgas in Syrien

Auch die "Arabische Liga" ist inzwischen sicher, dass der Giftgaseinsatz von Präsident Assad ausging.
Also, von wegen..."verdeckte Operation", "Unter falscher Flagge" und ähnliches.
Das ist wohl eher etwas für Verschwörungstheoretiker, denen rationale Wahrheiten und Zusammenhänge zu langweilig sind.

Aber eine militärische Option (Bombardement Syriens durch US-Raketen oder gar ein Einmarsch) ist keine.
Es gäbe Ärger mit den Russen und dem Iran.
Ganz davon abgesehen, dass solch ein Einsatz ein (erneuter) Bruch des Völkerrechts wäre.

Man kann nur hoffen, dass die USA aus ihren Fehlern (Irak-krieg) gelernt haben, und ich gehe fest davon aus, dass Barack Obama klüger handelt als sein Vorgänger G.W. Bush.
 
@KrystanX: Zu deinen (guten) Ausführungen in deinem P 6:

- "Operation FUBELT" (Sturz Allendes in Chile)
Es ist nicht ganz richtig, dass die USA den Militärputsch gezielt herbeiführen wollten.
Richtig ist, dass sie alles taten, um die Regierung Allende vor allem ökonomisch zu destabilisieren.

Allende wird im Westen zu Unrecht idealisiert.
Er war ein politischer und ökonomischer Träumer (wie die meisten Linken), und seine Wirtschaftspolitik war desaströs.
Man beschäftige sich mit der Wirtschaftspolitik von Allende.
Er selbst hat das Land ökonomisch sehr schnell destabilisiert durch seine Wirtschaftspolitik, die auf marxistischen Maximen beruhte.
Die Inflation schoß unter Allende sehr schnell in die Höhe.

Das bekannte Buch "Die Akte Kissinger" des sensationshungrigen Publizisten Christopher Hitchens ist mit Vorsicht zu geniessen.

Es hat natürlich ein Geschmäckle, dass die USA solange Pinochets Regime wenn nicht unterstützten, so doch ihn gewähren ließen.
Die ganze Südamerika-Politik; ja, die ganze Geopolitik der USA bis Ende der Achtziger Jahre ist nur unter dem Aspekt des Kalten Krieges zu verstehen.
Da war den USA ein rechtsgerichtetes Regime lieber als ein kommunistisches.
Hauptsache, man war gegen die Russen.

Henry Kissinger auf Chile zu verkürzen wird diesem genialen Diplomaten, Strategen und Außenpolitiker nicht gerecht.
Genauso wenig wie man Richard Nixon gerecht wird, wenn man ihn auf "Watergate" reduziert.
Die Administration Nixon/Kissinger hat eine am Gleichgewicht ausgerichtete Realpolitik betrieben, die die Welt positiv verändert hat.
Nixon war aussenpolitisch betrachtet der fähigste US-Präsident nach Franklin D. Roosevelt.

(Aussen)Politik kann man nicht nur nach moralischen Prinzipien betreiben, will man erfolgreich sein.
Nüchterner Realismus-- unterfüttert von moralischen Grundsätzen--, der auf Macht und nationales Interesse ausgerichtet ist, führt zum grössten Erfolg.
Kurz: Realpolitik.

Wohin es führt, wenn jemand seine private Moral zur Maxime der Weltpolitik macht zeigt die desaströse Amtszeit des Moralisten Jimmy Carter.

Für ein umfassendes Verständnis der Politik Henry Kissingers und seines Denkens empfehle ich sein Grundlagenwerk von 1996: Henry Kissinger: "Die Vernunft der Nationen. Vom Wesen der Außenpolitik." (1000 Seiten).
Da spannt er den Bogen vom "Wiener Kongress" bis zur "Neuen Weltordnung" nach dem 2. Golfkrieg.


So, das führte zwar etwas vom Thema "Syrien" weg, ist aber trotzdem von Interesse, wie ich glaube.
Auch im Nahen Osten wird man die Dinge nur lösen können wenn man nüchterne Realpolitik betreibt, die den Interessen aller Seiten gerecht wird.

lg
"Rosi" (Johannes)
 
Last edited:
Allende wird im Westen zu Unrecht idealisiert.

Nein, Rosi, idealisiert wird er nicht wirklich. Aber zum Märtyrer hochgestempelt, und das völlig zu Recht. Er war immerhin ein demokratisch gewählter President und hat seine Wahlversprechen, die vor allem das arme Volk betrafen, gehalten. Sein grösster Irrtum war lediglich, dass er glaubte, von den Russen unterstützt zu werden, weil er sich auch als Kommunist sah. Die Russen haben ihn aber genau diese Hilfe verweigert - weil Allende an der Demokratie festgehalten hat. Die Russen haben das erst sehr spät zugegeben.

Die Amis wiederum haben die Putschisten ganz klar unterstützt, sie wollten den Putsch dort. sie wollten ihn sicherlich nicht so blutig, aber darauf hatten sie keinen Einfluss.
 
@PoppingTom

Nein, Rosi, idealisiert wird er nicht wirklich. Aber zum Märtyrer hochgestempelt, und das völlig zu Recht. Er war immerhin ein demokratisch gewählter President und hat seine Wahlversprechen, die vor allem das arme Volk betrafen, gehalten. Sein grösster Irrtum war lediglich, dass er glaubte, von den Russen unterstützt zu werden, weil er sich auch als Kommunist sah. Die Russen haben ihn aber genau diese Hilfe verweigert - weil Allende an der Demokratie festgehalten hat. Die Russen haben das erst sehr spät zugegeben.

Die Amis wiederum haben die Putschisten ganz klar unterstützt, sie wollten den Putsch dort. sie wollten ihn sicherlich nicht so blutig, aber darauf hatten sie keinen Einfluss.

Hi,
richtig, die Amis haben den Putsch in Chile unterstützt. Er kam ihnen jedenfalls nicht ungelegen.

Aber einen Einwand hab ich gegen dein P: Allende hat die armen Leute unterstützt???
"Tom", Allendes Wirtschaftspolitik war desaströs.
Der bekannte sozialistische Folterkasten: Verstaatlichung, Festsetzung von Preisen, etc...-- mit den bekannten Ergebnissen: Massenarbeitslosigkeit, Inflation, etc...
Bevor Allende durch den Putsch gestürzt wurde, hatte er Chile durch seine desaströse Wirtschaftspolitik schon selbst ins Chaos geführt.

"Wirtschaft sozialistisch" funktioniert eben nicht.
Weder in Chile, noch sonstwo.
Das hat die Geschichte bewiesen.

Eines will ich zu meinem letzten P 7 noch ergänzen: Diskutiert man über Süd-und Mittelamerika und die Rolle der USA, dann muss man die "MONROE-Doktrin" (1823) immer mitdenken.
Der Präsident James Monroe warnte die europäischen Kolonialmächte, sich in die Angelegenheiten der noch jungen Republik USA einzumischen.

Spätestens seit Theodore Roosevelt-- ihm ging es um den Panamakanal-- ist die "MONROE-Doktrin" teil der US-Staatsräson, und sie ist es bis heute (und wird es wohl auch bleiben).
Kurz gefasst besagt sie: Die USA betrachten die Karibik als ihren Vorgarten, und Süd-und Mittelamerika als ihren Hinterhof.
Sozialistische/kommunistische Regime in ihrem Hinterhof und ihrem Vorgarten betrachten die USA als Bedrohung ihrer nationalen Sicherheit.
So war das auch damals mit Chile.
Man wollte sich mit Allende keinen zweiten Castro einfangen und mit Chile kein zweites Kuba. (Castro war 1 Jahr vor Allendes Sturz auf Staatsbesuch Chile und hielt in Santiago einige martialische Reden).
Folgender Ausspruch von HENRY KISSINGER ist verbürgt: "Allende war ein Narr, wenn er glaubte, die USA würden tatenlos zusehen, wie in Chile nach Kuba ein zweites sozialistisches Experiment gestartet wird."

Wir Europäer-- besonders wir Deutsche--sind oft schnell bei der Hand alles ausschließlich nach moralischen Gesichtspunkten zu beurteilen, besonders wenn es die USA betrifft.
Weil viele Europäer die "MONROE-Doktrin" offenbar nicht kennen oder nicht verstehen halten sie die US-Politik in Süd-und Mittelamerika für "unmoralisch."
In den Augen der USA ist sie das nicht.
"MONROE-Doktrin" und amerikanischer Idealismus/Messianismus (zurückgehend auf den Präsidenten WOODROW WILSON) passen sehr wohl zusammen.
Sie sind 2 Seiten einer Münze.

Dieser Idealismus wird aber dann zum Bumerang, wenn man ihn auf eine Region anwendet, deren Kultur man nicht kennt und nicht versteht (Der Nahe Osten. Stichwort: "Neue Weltordnung", Irak-Krieg, etc...)
G.W. BUSH ist leider in diese Falle getappt.

lg
"Rosi" (Johannes)
 
Last edited:
@kimber22

Ja und nein. Dass ein Militärschlag - schon gar ein "begrenzter", auf wenige Tage beschränkter mit Marschflugkörpern - nichts (aber auch überhaupt gar nichts) bringt, sag ich mal, das wissen alle Beteiligten.

DArum geht es aber auch gar nicht: Aktuell, und so zynisch das auch klingen mag - Realpolitik ist immer zynisch - ist das "beste" Ergebnis, einfach (insbes. angesichts der Erkenntnisse aus Ägypten und noch mehr Lybien), dass Assad den Aufstand einfach niederschlägt. Dann ist dort wieder Ruhe. :(

Ich glaube also - ich wiederhole: basierend auf nichts und im vollen Bewusstsein, wie zynisch das ist, was ich schreibe: Ich glaube: Dass es den Amis ziemlich egal ist, wer die Chemie-Waffen eingesetzt hat. Assad hat so oder so Schuld: Entweder, er war es, der ein Sarin-Gemisch eingesetzt hat, dann gehört er gebombt. Oder er war es nicht: Dann hat er die Kontrolle über sein Chemiewaffen-Arsenal verloren. Dann gehört er auch gebombt.

Weil die USA (und im Übrigen auch die EU, auch Deutschland) ein vitales Interesse daran haben, dass nicht ein einziger Liter Sarin auf den Schwarzmärkten auftaucht. Der Giftgas-Anschlag in der Tokyoter U-Bahn, 1995, das waren 13 Tote und über 6.000 Verletzte. Und das war grad mal ein einziger Liter Sarin.... Link hier, wiki: http://de.wikipedia.org/wiki/Ōmu_Shinrikyō#Giftgasanschlag_in_der_Tokioter_U-Bahn

Punktum. That's it. Ich glaube, dass das hinter allem steckt. Ich glaube, es ist aktuell nur die Frage, wie man das politisch verkaufen kann... :cool:

kimber

"Realpolitik ist immer zynisch" "Kimber22")

Wieso denn? Die Begründung würde mich interessieren.

Realpolitik ist die einzige Politik die zu rationalen Ergebnissen führt.
 
@KrystanX

Das Problem für mich ist letztlich, dass die USA spätestens seit 2003 ein akutes Glaubwürdigkeitsdefizit haben. Wie heißt es so schön, wer einmal lügt, dem glaubt man nicht ...
Gut, die US Regierung hat schon viel öfters gelogen. Der Tonkin-Zwischenfall jährt sich ja bald zum 50sten Mal.

Vielleicht hat die US Regierung auch deshalb ihre "Beweise" nicht offen vorgelegt. Sonder nur immer wieder betont "Wir haben die Bewese, und was alle anderen Sagen, interessiert uns nicht."
Diese Einstellung könnte man auch daraus ableiten, dass die US das größte und gläubigste christliche Land der Erde sind. Und wir wissen ja alle, dass blinder Glaube oftmals zu kleinen Denkfehlern führt.

Wobei es im Nahen Osten auch eben auch sehr verwirrend sein kann: https://lh6.googleusercontent.com/iCUn1i-tRt8lBaTQyYEj9Xo_sX-qswnnVi2wFKN4Phk=w624-h832-no

Na ja, "wer einmal lügt..." ("KrystanX")

Das-- die Schummeleien, die zum Irakkrieg führten--- den USA ewig nachzutragen wäre nicht fair und nicht vernünftig.
Die Regierung G.W. Bush hatte ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Barack Obama hat keines.
 
Back
Top