Wie stark heben sich eure Charaktere voneinander ab?

Japakl75

Autor
Joined
Oct 8, 2024
Posts
103
Haben sie ein eigenes Auftreten, eine eigene Art zu sprechen, Charakteristika, die über die optische Beschreibung hinausgeht? Wie entwickelt ihr eure Handlungsfiguren? Ich stelle mir selbst oft die Frage ob die Entwicklung bei mir an dieser Stelle zu flach ist.

Liebe Grüße

Japakl
 
Gute Frage, ich erlaube mir, sie gleich zu präzisieren - Entschuldigung dafür, aber mir geht es genauso: Bei fast jedemThread, den ich eröffne, stelle ich fest, dass ich das Thema nicht für alle klar bezeichnet habe.

Bei deiner Frage gehe ich davon aus, dass es sich nicht notwendig um eine Abheben der Charaktere voneinander handelt. Es kann ja auch nur eine Protagonistin oder einen Protagonisten geben, der die Mühe lohnt. Es geht generell um Charakterzeichnung und -entwicklung, und ihre Bedeutung.

Das hängt von der Geschiche ab, würde ich sagen: Ist es eine sehr kurze Geschichte, mehr eine Vignette? Dann ist dafür kein Raum. Ist sie stark handlungsgetrieben? Dann ist vermutlich wenig Raum für eine Charakterzeichnung. Meine sind länger, und die Erklärung der Handlung gerade aus dem Charakter der Personen heraus ist für mich sehr, sehr wichtig. Bei dem, was ich gerade schreibe, steht es im Mittelpunkt.
 
Last edited:
Ich finde Geschichten leiden oft darunter, dass Charaktere sich wie Klonkrieger gleichen. Sie sprechen alle dieselbe Sprache, handeln gleich, sind oft auch in ihrem Erscheinen eine enge Norm entsprechend, gerade auch wenn es um Erotik geht. Das finde ich schade, weiß aber auch wie schwer es ist, jeder Figur das Besondere zu geben. Doch neben der Handlung an sich, dem Spannungsbogen und die Zeichnung der Welt, ist das eine für mich sehr wichtiges Element einer erfolgreichen Geschichte.
 
Danke für die Verlinkung Swriter. Ich habe einfach einen neuen Thread eröffnet, weil ich mir nicht die Mühe gemacht habe, in der Vergangenheit zu forschen. Sorry.
 
Angesichts des Alters und des Umfangs dieses Forums wurden wohl die meisten Themen schon gestreift. Stört mich nicht, man findet immer wieder etwas Neues.

Was mich zum Beispiel interessiert ist dieser Punkt:

Sie sprechen alle dieselbe Sprache,

Das betrifft die direkte Rede. Ich habe auch schon überlegt, den Hintergrund meiner Charaktere, sozial und meinetwegen geographisch, in ihre Sprache einfließen zu lassen. Nur ist das ziemlich schwierig, und ich finde wenig Beispiele dafür, wo das funktioniert. Man erwartet einfach ein gewisses Sprachniveau als Leser, und 1:1 transkribierte, authentische direkte Rede ist kaum lesetauglich. Es läuft daraus hinaus, gewisse sprachliche Eigenheiten einfließen zu lassen. So einen leichten Slang, oder einfach Sätze, wenn es ein Mensch aus einfacheren Verhältnissen ist. Mehr ein sprachlicher Marker, als eine echte Wiedergabe. Kann aber auch wieder gekünstelt wirken.
 
Danke für die Verlinkung Swriter. Ich habe einfach einen neuen Thread eröffnet, weil ich mir nicht die Mühe gemacht habe, in der Vergangenheit zu forschen. Sorry.
Mein Hinweis war nicht als Kritik gedacht, sondern vielmehr als Hinweis darauf, dass es bereits Antworten auf deine Fragen in dem existierenden Thread geben könnte. Und natürlich muss sich niemand die Mühe machen, die Threads der letzten Jahre zu durchkämmen. Den "alten Hasen" fällt dann nur halt auf, dass sie bereits über dieses Thema diskutiert haben.

Ich bleibe bei meiner Meinung, dass es sich für (meine) Kurzgeschichten nicht lohnt, eine Charakterentwicklung vorzunehmen bzw. viel Zeit in die Beschreibung der Charaktere zu investieren. Manche Geschichten erstrecken sich über einen Zeitraum von einem Tag, einem Wochenende oder sogar nur wenigen Stunden. Was soll ich da großartig über die Figuren erzählen?

Bei mir ist es auch ein Mengenproblem. Ich habe auf Literotica über 400 Geschichten veröffentlicht. Ich mache mir jetzt nicht die Mühe, die Protagonisten der Geschichten zu zählen. Aber nehmen wir mal an, dass in jeder Geschichte zwei bis drei Charaktere auftreten, die eine gewisse Rolle in der Handlung spielen. Würde bedeuten, dass ich mir zu etwa 1000 Personen tiefgreifende Gedanken machen müsste. Wie sehen sie aus, wie verhalten sie sich, kommen sie auch authentisch rüber? Ich überlasse das vollständig den Lesern. Ich gebe gewisse Leitplanken vor, innerhalb dieser müssen sich die Leser die Personen selber vorstellen. Wenn sich jemand neben dem Äußeren auch noch fragt, wie der Charakter der Person ausgeprägt ist, dann soll er das ruhig tun. Schadet ja nicht.

Wenn man lange Geschichten schreibt, deren Handlung sich über Wochen oder Monate erstreckt, kann es Sinn machen, mehr Wert auf diese Details zu legen. Mit meinen Fortsetzungen von Geschichten komme ich insgesamt auch auf lange Geschichten, teilweise stehen da zehn Teile zu Buche. Und noch nie hat sich jemand wegen fehlender Tiefgründigkeit oder Charakterisierung in den Kommentaren über meine Geschichten beschwert. Ich nehme an, meine Leser wissen, dass sie das bei mir nicht bekommen, und sind fein damit. "Beschwerden" gab es nur hier im Forum - im Lesezirkel - weil sich im Forum offenbar hauptsächlich User herumtreiben, die sich Charakterentwicklung auf ihre Fahne geschrieben haben. Was das angeht, stehe ich mit meiner Meinung ziemlich alleine da - ist aber auch kein Problem für mich.

swriter
 
Ich kann mir eine Geschichte auf dieser Ebene gar nicht vorstellen. Also ein wenig Charakterzeichnung wird doch auch bei dir sein, oder? Oder sprechen bei dir Kinder, Männer, Frauen, in allen Altersgruppen gleich? Ich meine von ihrer Mundart und Sprechweise her? Wenn jemand aggressiv ist, schnippisch, oder hinterhältig, dann schlägt sich dass doch auch hier wieder, oder nicht?
 
Was das angeht, stehe ich mit meiner Meinung ziemlich alleine da
Nicht wirklich, jedenfalls nicht, was mich angeht. Ich sage ja nicht Charakterzeichnung ist was tolles, und eine Geschichte ohne Charakerzeichnung kann nicht toll sein. Ich sage, es muss passen. Und wie du selber sagst: Je kürzer die Geschichte, desto weniger ist für etwas Platz, dass so raumgreifend wie Charakterzeichnung ist. Deine sind kurz, und eben handlungsgetrieben. Da wäre Charakterzeichnung eher fehl am Platze.

Was mich trotzdem noch interessiert, ist diese Frage, ob ihr den Charakter in der direkten Rede selbst berücksichtigt. Durch Satzbau, Wortwahl, sprachliche Eigenheiten, das dargestellte Wissens- und Verständnisniveau oder etwas in der Art.
 
Last edited:
Mal von mir ein paar Beispiel, wie man über die wörtliche Rede auch eine Charakterzeichnung vornehmen kann. Zumindest ich habe dann sofort ein Bild von der jeweiligen Person im Kopf.
"Kein Plan! Muss nicht. Oder doch?"


"Er will damit glaube ich sagen, dass er darüber nachdenken möchte."


"Können wir dann ein Eis essen gehen? Bitte!"


"Lass die beiden, einverstanden? Ich gehe mit dir, versprochen."


"Zucker macht fett! Wie oft soll ich dir das noch sagen? Willst du, dass sie Diabetes bekommt? Bist du dumm?"


"Ich würde meine Wortwahl zügeln, Freund. Nicht jeder findet es okay, wenn du andere ohne Respekt behandelst. Also kneifst dir deine Sprüche künftig, verstehst du mich?"


"Jetzt seid doch bitte lieb miteinander. Schaut euch das schöne Wetter an! Kein Regen und nur wenige Wolken. Gott hat uns einen schönen Tag beschert."


Das ist es was ich meine. Hier kommt die Länge einer Geschichte gar nicht zum Tragen und dennoch ist es offensichtlich, dass man mit dem unterschiedlichen Sprech der Handlungspersonen viel Atmosphäre erzeugen kann.
 
Was mich trotzdem noch interessiert, ist diese Frage, ob ihr den Charakter in der direkten Rede selbst berücksichtigt. Durch Satzbau, Wortwahl, sprachliche Eigenheiten, das dargestellte Wissens- und Verständnisniveau oder etwas in der Art.

ab und zu ein bisschen. Das lässt sich gut auch in kurzen Geschichten einbauen, da es ja eine Eigenschaft ist, keine lange Erklärung eines Charakters. 78rpm (oder rpm78?) hat sich mal eine meiner Figuren ausgeliehen. Er (vermute ich) nutzt die unterschiedliche Sprache gezielt bei seinen beiden Protagonistinnen. Ist aber nicht allgemeintauglich und - hmm - nicht harmlos.

Ansonsten ist die Tiefe der Darstellung je nach Länge der Geschichte unterschiedlich. Das Innenleben der Figuren gehört für mich irgendwie dazu. Das kann daher schon mal länger und ausführlicher werden. Ich habe auch schon öfter wieder einen Teil gelöscht, da es zu lange für die Story schien.

Unterschiedliche Sprachen haben eben das Problem, dass es nicht wirklich funktioniert in Geschichten. Zur Einführung "XXX ist in einem anderen Land" geht das über ein, zwei Sätze, aber dann eben nicht mehr außerhalb einiger spezieller Szenen.

In Real Life ist das kein Problem, da kann ich auch drei Sprachen in einem Satz unterbringen. Das hat mal einer als "Pidgin-Europäisch" bezeichnet. Als ich das mal versuchte aufzuschreiben, sträubten sich meine Nackenhaare...
 
@Japakl75 : Guter Post - ich werd mir sofort ein paar Sachen abschauen ;) Aber es ist nicht ganz, was ich gemeint habe. Du setzt bei deinen Beispielen starkt auf die Wortwahl, Satzbau, Interpunktion, um den Charakter, der da spricht, herauszuarbeiten. Ich dachte auch daran, aber nicht nur, mir geht es auch um etwas lautmalerisches, unmittelbareres, das auch mal die Regeln der Grammatik dehnt. Ich versuche mal ein Beispiel aufzubauen, entsprechend deinen. Stellen wir uns zwei Charaktere vor, einen der dicke, cholerische, schlichte, bildungsferne Typ aus der Arbeiterklasse (sorry dem Klischee...) und der distinguierte, kühle Akademiker - beide kurz davor, sich an die Gurgel zu gehen, aus welchem Grund auch immer:

Warschawski schäumte jetzt.
"Dich dummes Aaarsch hammse doch nur hierhergesetzt, um uns zu schickanieren! Det tränk ich dir noch ein, du.. du... dumme Sau, du Dumme!"
Winkelmann lehnte sich zurück, halb, um etwas Abstand zwischen sich und den brüllenden Menschen zu bringen, der sich vor ihm aufgebaut hatte, und halb, um dem biergeschwängerten Atem auszuweichen. Er lächelte nur kühl.
"Womit kann ich denn helfen."
"Helfen? Helfen willste mir? Ich werd dir gleich noch helfen, du gottverdammtes Arsch!"

Das geht vor allem um Warschawski, was immer ihn auch quält. Ich hab die Stellen fett gemacht, die ich meine - die schlechte Grammatik, dass Stottern, der Dialekt, die direkte sprachliche Umsetzung von allem, was ihn geprägt hat, eben auch über die Grenzen sprachlicher Richtigkeit hinaus. Macht ihr so etwas? Wie ausgeprägt? Findet ihr es gut? Ich sehe es eher kritisch, und denke, es ist schwierig durchzuhalten, vor allem konsequent dabei zu bleiben.

@Doc_M1 : DAs geht schon eher in meine Richtung. Wer sit 78rpm? Ein Literotica-Autor?
 
Ich kann mir eine Geschichte auf dieser Ebene gar nicht vorstellen. Also ein wenig Charakterzeichnung wird doch auch bei dir sein, oder? Oder sprechen bei dir Kinder, Männer, Frauen, in allen Altersgruppen gleich? [...] Wenn jemand aggressiv ist, schnippisch, oder hinterhältig, dann schlägt sich dass doch auch hier wieder [sic], oder nicht?
Da hat jemand offensichtlich noch nie eine "Geschichte" (wenn man jene Satzreihungen denn so nennen möchte) des @swriter gelesen. Welch Glücklicher (der vermutlich nicht einmal ahnt, wie glücklich er sich darob zu schätzen wissen sollte)!
 
Ich hab die Stellen fett gemacht, die ich meine - die schlechte Grammatik, dass Stottern, der Dialekt, die direkte sprachliche Umsetzung von allem, was ihn geprägt hat, eben auch über die Grenzen sprachlicher Richtigkeit hinaus. Macht ihr so etwas? Wie ausgeprägt? Findet ihr es gut? Ich sehe es eher kritisch, und denke, es ist schwierig durchzuhalten, vor allem konsequent dabei zu bleiben.

Ja, das setze ich in meinen Geschichten ein. Aber in Maßen. In meiner jüngsten Geschichte kommen Worte wie beispielsweise „nee” und „haste” in direkter Rede da wo es zum Charakter passt zum Einsatz.
 
@Phlegeton Es wäre mir ein Vergnügen. Allerdings muss ich Dich vorwarnen. Bis auf die Geschichte „Eine Frau namens Wanda” sind die Geschichten wohl eher etwas „speziell” und vielleicht nicht das, was Du gerne lesen würdest.
 
Ich kann mir eine Geschichte auf dieser Ebene gar nicht vorstellen. Also ein wenig Charakterzeichnung wird doch auch bei dir sein, oder? Oder sprechen bei dir Kinder, Männer, Frauen, in allen Altersgruppen gleich? Ich meine von ihrer Mundart und Sprechweise her? Wenn jemand aggressiv ist, schnippisch, oder hinterhältig, dann schlägt sich dass doch auch hier wieder, oder nicht?
Ich hatte an anderer Stelle bereits erklärt, dass sich die Protagonisten in meinen Geschichten in einem Umfeld bewegen, in dem auch ich mich bewege. Nicht hoch intellektuell, aber auch nicht bildungsfern.

Wie oft kommt es vor, dass eine Hochschulprofessorin mit einem Arbeiter vom Bau anbändelt (da fällt mir Pretty Woman ein, in dem Film ist sie ja auf einem anderen Bildungs- und Sprachniveau unterwegs als er - wobei ich diese Art von Geschichten nicht schreibe - das fällt dann wohl eher in die Sparte, die Freudenspender regelmäßig bedient.)? In dem Fall würden sich beide wohl unterschiedlich ausdrücken.
Bislang habe ich nicht das Bedürfnis verspürt, spezielle Geschichten mit bildungsfernen Charakteren zu skizzieren, die wohl anders sprechen würden als normal gebildete Protagonisten. Ich hatte mal einen Bauarbeiter in einer Talkshow auftreten lassen. Damals wurde zurecht kritisiert, dass ich ihm zu wenig typische Sätze in den Mund gelegt habe und er auch ein Sachbearbeiter beim Finanzamt hätte sein können.
Würde sich eine 13-jährige Göre anders ausdrücken als ihre Mutter? Wahrscheinlich, allerdings dürfen 13-Jährige in einer Sexgeschichte auf Literotica keine tragende Rolle spielen, also kommt auch das selten vor. Und ob sich eine 18-Jährige großartig anders ausdrücken muss als ihre 20 Jahre ältere Mutter, nachdem sie so lange Zeit zusammengelebt haben - sehe ich nicht.
Ich lasse meine Charaktere Hochdeutsch sprechen, da es nicht mein Anliegen ist, Leser aus dem Norden Deutschlands mit sächsischer oder bayrischer Mundart zu konfrontieren, die sie nicht verstehen.

Natürlich wird bei mir in Dialogen gestritten und es heißt dann "Du Arsch." oder "Hast du sie noch alle?" Das fällt bei mir aber nicht unter bewusst gesetzter Charakterisierung, sondern gehört halt in manchen Situationen zum normalen Sprachgebrauch dazu.

Aber wie bereits eingeräumt, halte ich meine Protagonisten für austauschbar bzw. spielt es in meinen Geschichten so gut wie keine Rolle, ob sie besonders charakterisiert wurden. Die Geschichten funktionieren auch ohne besondere Charaktermerkmale. Wer das prüfen möchte, sollte einfach etwas von mir lesen. Aber Vorsicht: Auden James hat bestimmt nicht grundlos vor meinen "Geschichten" gewarnt, weil diese in Wahrheit gar keine sind.

swriter
 
Danke für euer Feedback. @Phlegeton: Ja, unbedingt. Genau in der wörtlichen Rede erwarte ich das sogar von einer guten Geschichte. Da vor allem auch hierüber die Pro- und Antagonisten vom Leser gefühlt werden können. Solch eine Entwicklung ist als Autor anstrengend, hier bedarf es eines konkreten Bildes von dem Charakter. Aber hier bediene ich mich z.B. Menschen aus meinem Umfeld, aus dem Fernsehen und setze sie dann in einer Rolle um. Das gelingt mir mittlerweile im Ansatz, wenn auch noch alles andere als perfekt. Hier sind viele deutlich besser.


@swriter: Dass deine Geschichten offensichtlich funktionieren, wird ja durch deine vielen Follower und guten Bewertungen bestätigt, meinen Respekt hast du. Aber dennoch finde ich die Akzeptanz der eigenen Leistung als gefährlich. Sie verhindert die persönliche Weiterentwicklung als Autor. Ich bin mir sicher, würdest du dich hier auch in Charakterzeichnung üben, dass deine Geschichten damit deutlich gewinnen würden.


Beste Grüße und euch ein schönes Wochenende!

Japakl
 
@swriter: Dass deine Geschichten offensichtlich funktionieren, wird ja durch deine vielen Follower und guten Bewertungen bestätigt, meinen Respekt hast du. Aber dennoch finde ich die Akzeptanz der eigenen Leistung als gefährlich. Sie verhindert die persönliche Weiterentwicklung als Autor. Ich bin mir sicher, würdest du dich hier auch in Charakterzeichnung üben, dass deine Geschichten damit deutlich gewinnen würden.

Japakl
Wenn du eine Geschichte lesen würdest, die ich 2005 geschrieben habe und die dann vergleichst gegen eine, die ich 2013 veröffentlicht habe - diese wiederum vergleichst gegen aktuelle Texte - dann wirst du erhebliche Unterschiede erkennen, was deutlich für eine Entwicklung spricht. Irgendwann ist aber vielleicht das Ende der Fahnenstange erreicht und mehr als weitere Minischritte sind nicht zu erwarten.

Darüber hinaus habe ich für mich ja entschieden, meine Geschichten so anzulegen, wie ich es mache. Würde ich davon abweichen, würde ich es ja nur deswegen machen, weil Leser/Kritiker das so haben wollen. Ich bin auch nicht überzeugt, dass alle Leser tiefgründige Geschichten lesen möchten und auf eine Charakterzeichnung Wert legen. Das würde ja bedeuten, dass es bei meinen Geschichten heißen müsste: "Wow, geile Geschichte, aber ich kann nur 4 Sterne geben - wenn der jetzt noch den Charakter der Person beschrieben hätte ..."

swriter
 
@swriter & Swriter: Es geht ja nicht nur um bildungsferne Charaktere, das war nur ein einfach zu skizzierendes Beispiel. Wobei ich swriter in einem Punkt recht gebe: Oft sind die Unterschiede nicht so groß. Der Arbeiter wird sich bemühen, in einer entsprechenden Situation auf seine Ausdrucksweise zu achten. Der Akademiker passt sich ebenfalls an, und wird nicht noch versuchen, besonders versnobt rüber zu kommen. Jedenfalls im Regelfall. Von daher ist das eine Frage der Dosierung: Nicht zu viel, sonst klingt es gekünstelt. Nicht zu wenig, sonst geht es völlig unter. Ein schmaler Grat.
 
Eine Tankstelle an einem Samstagabend irgenwo in D:

A = Kundin oder Kunde
B = Kundin oder Kunde
T = Tankstellenmitarbeiter/in

A: „Guten Abend. Die drei bitte!”
T: „Guten Abend. Bar oder mit Karte?”
A: „Mit Karte bitte.”
T: „Brauchen Sie die Quittung?”
A: „Nein, danke.”
T: „Schönes Wochenende!”
A: „Danke, das wünsche Ihnen auch!”


B: „Hallo, die sechs und dann noch zwei große … [Eigenname der Zigarettenmarke].”
T: „Hamm wir leider nich mehr.”
B: „Dann nehm’ ich zwei [Eigenname Zigarettenmarke] 19er.
T: „Bar oder mit Karte?”
B. zieht die Karte aus dem Portemonnaie und bezahlt. Der Kassenbon wird gedruckt.
B: „Brauch’ ich nich.”
T: „Dann noch ein schönes Wochenende!”
B: „Danke, Dir auch!”

Wie stellt Ihr Euch die Personen vor?
Geschlecht von A, B, T?
Sozialer Background, Bildung, etc. von A, B,T?

Es gibt natürlich viele Möglichkeiten.
 
Last edited:
@Chimkcifettib :

Find ich gut, endlich mal wieder was zum raten. Hatte ich eigentlich schon bei Japakl75 vor, das passt auch.

Bei dir:

A: Dich am Hochdeutschen, ganze Sätze, voll ausgesprochen, kein Dialekt, förmlich - man denkt unwillkürlich an eine Frau, jedenfalls ich, aber das muss nicht sein. Vielleicht getriggert durch deine Frage nach dem Geschlecht. Jedenfalls ein höheres Bildungsniveau.

B: Eher männlich, die verwaschene, vielleicht auch durch einen Dialekt gefärbte Sprechweise deutet für mich eher auf eine gewisse Lässigkeit hin, die sich eine Frau nicht so leicht erlaubt. Evtl. auch das duzen und die Frage nach den Zigaretten.

T: Neutral - er/sie passt sich dem Gegenüber an.
 
Evtl. auch das duzen und die Frage nach den Zigaretten.

Das Duzen ohne dass sich Kunde/Kundin und Verkaufspersonal/Servicepersonal kennen, habe ich schon sowohl bei Männern als auch bei Frauen beobachtet. Ich glaube, dass dies neben einer persönlichen Eigenart daran liegen könnte, dass sie sich der gleichen sozialen Schicht wie das Personal zugehörig fühlen.

@Phlegeton Ansonsten teile ich Deine Einschätzung. Trotzdem gibt es für die Personen natürlich ziemlich unterschiedliche Möglichkeiten selbst wenn man Deine Einteilung zu Grunde legen würde.
 
Last edited:
Eine Tankstelle an einem Samstagabend irgenwo in D:

A = Kundin oder Kunde
B = Kundin oder Kunde
T = Tankstellenmitarbeiter/in

A: „Guten Abend. Die drei bitte!”
T: „Guten Abend. Bar oder mit Karte?”
A: „Mit Karte bitte.”
T: „Brauchen Sie die Quittung?”
A: „Nein, danke.”
T: „Schönes Wochenende!”
A: „Danke, das wünsche Ihnen auch!”


B: „Hallo, die sechs und dann noch zwei große … [Eigenname der Zigarettenmarke].”
T: „Hamm wir leider nich mehr.”
B: „Dann nehm’ ich zwei [Eigenname Zigarettenmarke] 19er.
T: „Bar oder mit Karte?”
B. zieht die Karte aus dem Portemonnaie und bezahlt. Der Kassenbon wird gedruckt.
B: „Brauch’ ich nich.”
T: „Dann noch ein schönes Wochenende!”
B: „Danke, Dir auch!”

Wie stellt Ihr Euch die Personen vor?
Geschlecht von A, B, T?
Sozialer Background, Bildung, etc. von A, B,T?

Es gibt natürlich viele Möglichkeiten.
Ich verstehe, worauf du hinaus möchtest. Dennoch frage ich mich, inwieweit die Ausgestaltung des Gesprächs (ob nun Tankstelle oder auch woanders) einen Einfluss auf den Verlauf der Handlung meiner Geschichte haben könnte. Sehr wahrscheinlich werden Kunde und Tankstellenmitarbeiter keinen Sex miteinander haben. Und wenn doch - inwieweit ist es relevant, ob der Kunde Zigaretten oder Kaugummis haben wollte? In meiner Geschichte müsste man auch nicht raten, ob Mann oder Frau oder ob 18 oder 45, weil ich das in den ersten Absätzen irgendwo erwähnt hätte.

Ich nehme mal an, so ein Gespräch fällt dann unter 'Show, Don't tell', etwas, das mir bei meinen Texten auch ständig als fehlend vorgeworfen wird.

Bei meinen Geschichten wird es zu 99% die erste Variante sein. Warum?
Weil ich ein höflicher Mensch bin, der stets Danke und Bitte sagt. Ich rauche nicht und ich artikuliere mich fremden Menschen gegenüber nicht umgangssprachlich. Wahrscheinlich gestalte ich die Charaktere in meinen Geschichten unterbewusst nach mir. Oder es liegt auch daran, dass ich als Karnevals-Hasser nicht gerne in Rollen schlüpfe und lieber so bleibe, wie ich bin. Einseitig und langweilig - ja, vielleicht.

Wenn ich (mir) eine Geschichte erzähle, habe ich das Ziel dieser Geschichte vor Augen. Ein Mann und eine Frau treffen im Rahmen einer gewissen Konstellation aufeinander, um am Ende Körperflüssigkeiten untereinander auszutauschen. Ob einer der beiden raucht, die Umgangsformen beherrscht oder kleine bis größere Ticks aufweist, spielt für mich (für meine Fantasie in diesem Moment des Erlebens der Geschichte) absolut keine Rolle. Diese Dinge sind mir einfach nicht wichtig und es ist mir egal, ob sie späteren Lesern wichtig wären. Aber genau aus dem Grund gefallen meine Geschichten nicht jedem Leser, was für mich kein Problem darstellt. Ein Glück, dass es genügend oberflächliche Leser gibt, die so denken wie ich oder die die von mir skizzierten leeren Hüllen der Charaktere mit eigener Fantasie zu füllen wissen.

Um es klarzustellen - ich respektiere jeden Autor, der seinen Charakteren mehr Leben und Vielfältigkeit einhauchen möchte. Wenn es denen wichtig ist, sollen sie es tun. Bei mir entsteht allerdings regelmäßig der Eindruck, dass es für manche Autoren nur diesen einen Weg gibt, und wer es anders macht, der macht es in ihren Augen falsch. Anders kann ich mir nicht erklären, dass bei den vorgestellten Geschichten von mir im Lesezirkel (selbst bei Kurzgeschichten) die fehlende Charakterisierung an Nummer Eins angeprangert wurde. Ein Grund, warum ich dem Lesezirkel keine Beachtung mehr schenke.

swriter
 
@swriter : Das ist ja nur ein Beispiel, ein bestimmtes Stilmittel auszuprobieren. Und klar muss man das weder einsetzen, noch macht es überall Sinn. Aber es hat schon deshalb seinen Reiz, weil es zusätzliche Information transportiert, ohne mehr Worte zu gebrauchen, den Charakter implizit beschreibt. Richtig eingesetzt, lässt es den Text authentischer wirken, und es geht für mich über "show, don't tell" hinaus: die einfache Aussage wäre: Warschawskis Gesicht verzerrte sich vor Wurt. Show, don't tell wäre: Warschawskis Lippen zitterten, und eine fürchterliche Röte kroch über sein Gesicht. Diese Wut durch die Sprache an sich auszudrücken, ist für mich noch mal etwas anderes. Ich kann nur schwer ein Beispiel finden - so was wie: "Du... du... Schwein." Oder so etwas.
 
Back
Top