How To: Wie man kritisiert und Kritik annimmt

PoppingTom

TEH BRAIN
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Jan 8, 2010
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Vorwort:

Seit es Print-Medien gibt und diese wie auch "ernste Musik" auch für den normalen Menschen komsumierbar gemacht wurde, seit sich E- und U-Musik zusehends verschmelzen, kurz, seit es Kunst und potentielle Kunst im Überfluss gibt, gibt es auch die Kritiker von solchen Werken. Ihr Zweck ist es, den Eindruck, den ein Werk macht, in nachvollziehbare Worte zu verwandeln, so dass sowohl der Konsument als auch der Hersteller wissen, woran sie sind. Ein Kritiker, der in der Materie drinsteckt, kann dabei theoretisch als Mittelsmann zwischen den beiden funktionieren und somit sowohl den Anspruch des Kunden als auch des Herstellers verbessern.

Theoretisch. Praktisch endet Kritik meist mit dem Fazit von Peter Hook (Ex-Bassist von New Order):

"Der einzig gute Kritiker ist ein toter Kritiker."

Es gibt dafür einen einzigen Grund: Kunst-Kritik ist, wie die Kunst an sich, absolut subjektiv. Wär sie es nicht, wärs keine Kunst. Die Subjektivität erhebt die Kunst vor dem Gebrauchsgegenstand. Ja, genau, theoretisch bedeutet das, dass die Bild-Zeitung auch Kunst wäre. Sie müsste dafür nur umunwunden zugeben, dass sie vollkommen subjektiv gehalten ist.

Ist objektive Kritik also unmöglich ? Ja und nein.

Der Kritiker ist, ähnlich wie der Künstler, ein Wesen mit einem gewissen Hintergrund, wo sich Wissen und subjektives Empfinden mit einem Gefühl für die Empfindungen anderer zu einem Produkt zusammentreffen. Das Problem liegt darin, dass der Künstler erschafft, was der Kritiker durch pure Wortwahl zerstören kann. So sieht das zumindest der Künsler. Aber kann er das wirlklich ? Eigentlich gibt er ja nur seine Meinung wieder, und jede Kritrik, die nicht positiv ist, wird vom Künstler automatisch als potentielle Zerstörung der eigenen Kreation gesehen. So sieht das der Kritiker.

Wie man kritisiert:

Als Kritiker sollte man sich zuallererst fragen, ob man die Zielgruppe des Künstlers auch richtig eingeschätzt hat und ob man in deren Namen überhaupt richtige Einschätzungen machen kann. Die Objektivität der eigentlich subjektiven Kritik liegt immer darin, in Namen welcher Zielgruppe man spricht. Man kann auch in Namen der eigenen Zielgruppe sprechen, die vllt. die Zielgruppe des Künstlers ablehnt, was zwangseise zur schlechten und sicher auch falschen Kritik führt, aber aus Sicht der eigenen Zielgruppe durchaus objektiv ist. Ein wirklich guter Kritiker erahnt aber zumindest die Intension des Künstlers und ist fähig, diese wiederzugeben.

Wie man Kritik aufnimmt:

Es gib 4 Möglichkeiten, auf Kritik zu reagieren

1. Ignorieren. Es ist dein Werk, nur das zählt, und die Leute, die es auch mögen. Es ist die einfachste und gesundeste Einstellung. Alles ist so, wie du es wolltest. Kritiker sind heute so und morgen so. Wen interessierts ? Das Problem ist lediglich, das man am Ende in einer Art Bubble landet, wo nur noch die eigenen Werte und sonst gar nichts gelten. Manchmal entstehen aber gerade in so einer Bubble die besten Sachen.

2. Mitelfinger zeigen. Alles , was der Kritiker sagt, wird automatisch zu Müll erklärt und das Gegenteil für richtig. Die Musik ist dir zu verzerrt? Wir machen sie noch verzerrter. Wenn man Glück hat, ist die Kritik genau der Tritt in den Hintern, der den Küstler zum Meister seiner eigenen Subjektivität macht. Die Gefahr besteht natürlich auch, dass man damit voll gegen die Wand fährt. Immerhin ist diese Variante die produktivste.

3.Analysieren. Der Kritiker hat irgendwo ja doch Recht. Vielleicht nicht im ganzen, aber teilweise. Man guckt, inwiefern man auf das in der Kritik erwähnte eingehen kann. Problem hierbei ist die Gefahr, dass man vor lauter Kritik-Berücksichtigung vergisst, wer man eigentlich ist, was für einen Kreativen aber absolut wichtig ist. Dennoch: der gute Künstler benutzt Kritik als eine Art Kompass.

4.Kritik als Kunstwerk betrachten. Einfach um die Subjektivität von Kritiken wissen. Viele Künstler erfühlen ja nicht nur ihre Kunst, sondern auch ihre Umwelt, in der die Kunst eine gewisse Rolle spielt. Sie erahnen praktisch schon, wo und wie es für sie weitergeht. Die Frage ist für sie weniger, ob die Kritik richtig ist, sondern inwiefern man sich was daraus machen soll. Am Ende entscheidet das Gefühl, was mit dem im Kopf verarbeiteten passiert.

Was man keinesfalls tun sollte, ist Kritikern ihre Kritiken übelnehmen, selbst wenn sie unfair erscheinen. Kritik ist subjektiv, und nicht jeder Mensch fühlt immer dasselbe. Überhaupt sollte man wissen, dass positive Kritik zwar schön und aufbauend sein kann, aber mitunter auch fortschrittshemmend.

So....gehe jetzt ins Bett und gucke mal morgen, was ich hier für Blödsinn geschrieben hab....
 
3.Analysieren. Der Kritiker hat irgendwo ja doch Recht. Vielleicht nicht im ganzen, aber teilweise. Man guckt, inwiefern man auf das in der Kritik erwähnte eingehen kann. Problem hierbei ist die Gefahr, dass man vor lauter Kritik-Berücksichtigung vergisst, wer man eigentlich ist, was für einen Kreativen aber absolut wichtig ist. Dennoch: der gute Künstler benutzt Kritik als eine Art Kompass.

Naja, das mit dem "doch Recht" würde ich erst mal ganz hinten anstellen. :D Besonders, wenn es eine Einzelkritik ist. Deckt sich die Meinung von mehreren Kritikern, dann ist an deren Aussagen bestimmt etwas dran.

Ich versuche, mein Werk durch die Augen des Kritikers zu sehen. Ist ja häufig so, dass man als Schreiberling beim Schreiben und auch Überarbeiten irgendwie ein Brett vorm Kopf hat und banalste Dinge nicht wahrnimmt.

Man muss die Vorschläge ja nicht 1:1 übernehmen, aber man könnte versuchen, die kritisierten Stellen evtl. ganz neu zu schreiben. Das betrifft allerdings nur die Korrekturphase einer Geschichte. Ist sie erst mal online, dann kann ich mir die Ratschläge für zukünftige Geschichten aufheben.

Natürlich kann man es nicht allen Recht machen und man sollte es auch gar nicht versuchen. Denn spätestens dann macht das Schreiben keinen Spaß mehr.
 
Nun, jetzt mach ich mir eigentlich keine Sorgen mehr, Tom, dass du meine Kritik in den falschen Hals kriegst :D
 
Kritik, woran?

Dieses Thema hat mich wirklich interessiert. Schade, dass es so wenig Reaktion gab!
Jeder, der irgendwo ein "Werk" gepostet hat, steht diesem Phänomen gegenüber, freut sich über Lob und ärgert sich über Tadel, aber bei aller Subjektivität - die für gewöhnlich auch als solche wahrgenommen wird - bleibt dieser Rest von emotionaler Beeinflussung. Die vier Möglichkeiten, mit Kritik umzugehen, fand ich durchaus wegweisend. Allerdings bleibt es schwer, die persönliche Einstellung zu Kritik nach Richtungen auszuformen. Man nehme nur die professionelle Weisung: "Betrachte Kritik als Hilfe, deine Leistungen zu verbessern!" Ach, und überhöre gleichzeitig gefälligst die Beurteilung, deine Leistung bedürfe der Verbesserung!
Zwei Seiten einer Medaille, nicht wahr? Gewiss, man könnte selektiv nur die positiven Äusserungen wahrnehmen und die negativen mit kühler Verachtung strafen. Vedrängungsmechanismen, a la Anna Freud quasi. Aber lenkt das Prinzip Kritik nicht viel mehr von der eigenen Intention, sich mitzuteilen, ab? Und warum schreibe ich meine Gedanken nicht einfach nieder, um sie dann in den Tiefen meines Laptop Arbeitsspeichers ertrinken zu lassen, sondern veröffentliche sie, mehr oder weniger anonym? Vielleicht, weil der Mensch ein soziales Wesen ist, dass sich nach Aufmerksamkeit sehnt? Oder, weil wir ein Opfer der zeitgemässen - und schon fast hysterischen - Forderung nach Leistungsverbesserung sind? Beides klingt oberflächlich gesehen durchaus positiv, oder? Ok, da schimmert auch ein wenig Egoismus durch!
Aber, quid pro quo, ich schreibe und erwarte Feedback, so einfach kann das sein. Eventuell könnten sich die Kritiker dieser Welt aber auch gelegentlich auf die etwas älteren Vorstellungen von Ethik besinnen, Kardinaltugenden wie Mässigung zum Beispiel. Oder gilt das nur posthum?
Ich erinnere mich an meine Anfänge, die erste selbst geschriebene Geschichte. Ich war dermassen zufrieden mit meiner Arbeit, ich konnte mich nicht gegen das Bedürfnis wehren, sie anderen zu zeigen, also ab ins Net. Die Reaktion war überraschend schmeichelhaft, mir schwoll der Kamm ( metaphorisch gesprochen ). Die Motivation war da und ich folgte ihr, bis ich eines Tages eine buchstäblich niederschmetternde Kritik erhielt - witzigerweise mit dem Hinweis, man habe meine Geschichte aus moralischen Beweggründen zwar nicht gelesen, aber... etc. - und gab auf. Feige, richtig? Wie auch immer, ich halte Kritik für die Waffe der Allgemeinheit.
Nur, der Umgang mit Waffen erfordert Verantwortungsbewusstsein!
Deshalb möchte ich noch eine fünfte Möglichkeit, mit ihr umzugehen, hinzufügen: Sei Dir bewusst, dass es einfacher ist, Kritik an Bestehendem zu üben, als selber zu schaffen! Und vergiss nie, Du hast zwar das Recht, Deine Meinung zu äussern ( GG Art. 5 ), aber nicht die Pflicht dazu!
 
Das ist alles gut und richtig, elle.
Und ich kann dich recht gut verstehen.

Allerdings kann man Kritik auch noch aus einem anderen Blickwinkel betrachten.

Ich habe bislang noch keine geharnischten beschwerden zu meiner ersten Geschichte hier erhalten, aber ich habe schon Lob einkassiert.
Was ich natürlich am liebsten hätte, wären ein paar Kommentare, die mich konstruktiv auf meine verbliebenen Schwächen hinweisen und gleichzeitig meinen aktuellen Stil genug loben um mich nicht zu entmutigen.

Aber ich glaube, worum es mir wirklich bei alldem hier geht ist: Mir zu bestätigen, dass einige dort draußen meine Geschichten mögen.
Sie werden nicht jedem gefallen. Das sehe ich allein daran, dass ich bei einem Bewertungsschnitt von 4,16 stehe und nicht bei 4,96. Aber offenbar gibt es ein paar leute, denne sie richtig gut gefallen. Und für die Leute erzähle ich letztlich die Geschichten.
Soll heißen: Solange ich nicht nur negative kritiken einfahre, sondern zumindest ein paar dabei sind, die wirklich begeistert waren, bin ich auf dem richtigen Weg.

Ich muss dazu sagen, dass ich mir der Tatsache bewusst bin, dass ich in manchen Genres (namentlich Fantasy) wortgewaltig und schachtelsatzig formuliere.
Nicht jedermanns Sache und deswegen habe ich eigentlich schon längst einen diesbezüglichen verriss erwartet.
Eine solche kritik würde ich verstehen. Und ignorieren, weil ich für denjenigen ohnehin nicht schreibe.

Vielleicht kann man das, was ich meine, mit 'Zielgruppen-Ausrichtung' beschreiben.
Manche schreiben für die Einhandleser. Manche für die echten Literaten, die nur einfach gerne etwas Erotik in einer ansonsten mega-anspruchsvollen Schreibweise wollen. Und so weiter.
Jeder dürfte seine Zielgruppe haben. Bewusst oder unbewusst.
Und von dieser Zielgruppe will man positive Resonanz.
Vielleicht hilft es sich klar zu machen, dass man eben auch nur von denen eine solche erwarten kann. Und im Gegenzug hat man mit jeder Geschichte absolut sicher jemandes Geschmack völlig verfehlt. Na und?

Im Umkehrschluss bedeutet das allerdings, dass man konsequenterweise versuchen sollte auch nur die geschichten zu bewerten, die einen ansprechen.
Stellt man also fest, dass man mit der Thematik an sich schon nix anfangen kann: Finger weg von der Bewertung. Man wird nichts konstruktives schreiben, sondern einfach nur seinem Missfallen Ausdruck verleihen, egal wie sehr man sich bemüht.

Vielleicht ist es im Grunde so einfach und alle machen es sich nur schwer, indem immer erwartet wird es müsse sowas wie allgemeine Kriterien für gutes Schreiben geben.
Vielleicht gibts die gar nicht. Vielleicht ist es einfach IMMER eine Frage des Geschmacks.

Was natürlich bedeuten würde, dass allein die Existenz einer Berufsgruppe wie Literaturkritiker eine Perversion der Sache an sich darstellt.
Zugegebenrmaßen gefällt mir die Vorstellung... ;-)

Also bitte: Wenn jemand schon schreibt, dass er mit dem Thema deiner Geschichte nichts anfangen kann, dann ignorier ihn, denn was kann er dir schon Interessantes sagen?
Und bewerte einfach keien geschichten, deren Thema die nciht liegt. Sei so fair gegenüber den Autoren.
Mein Vorschlag zur Sache, an den ich mich natürlich auch nicht immer halte... ;-D
 
Ich erinnere mich an meine Anfänge, die erste selbst geschriebene Geschichte. Ich war dermassen zufrieden mit meiner Arbeit, ich konnte mich nicht gegen das Bedürfnis wehren, sie anderen zu zeigen, also ab ins Net. Die Reaktion war überraschend schmeichelhaft, mir schwoll der Kamm ( metaphorisch gesprochen ). Die Motivation war da und ich folgte ihr, bis ich eines Tages eine buchstäblich niederschmetternde Kritik erhielt - witzigerweise mit dem Hinweis, man habe meine Geschichte aus moralischen Beweggründen zwar nicht gelesen, aber... etc. - und gab auf. Feige, richtig?

Feige ist das falsche Wort dafür. Du hast wahrscheinlich eine negative Kritik als einzigen Feedback bekommen und daraus deine Schlüsse gezogen.

In punkto Kritik muss dir eins klar sein: wer dich vernichten will, schafft das auch, wenn du nicht für dich selbst entschieden hast, dich nicht vernichten zu lassen.

Meine besten Werke waren immer die, die ich veröffentlichen wollte, ohne einen Gedanken an Feedback zu verschwenden. Erts als sie veröffentlicht waren, hab ich Angst vor schlechter Kritik bekommen.

Das Ziel des Kreativseins ist es, solange etwas zu kreieren und danach wegzuschmeissen, bis du etwas in den Händen hältst, was zu schade zum Wegschmeissen ist.
 
Dieses Thema hat mich wirklich interessiert. Schade, dass es so wenig Reaktion gab!
Jeder, der irgendwo ein "Werk" gepostet hat, steht diesem Phänomen gegenüber, freut sich über Lob und ärgert sich über Tadel, aber bei aller Subjektivität - die für gewöhnlich auch als solche wahrgenommen wird - bleibt dieser Rest von emotionaler Beeinflussung. Die vier Möglichkeiten, mit Kritik umzugehen, fand ich durchaus wegweisend. Allerdings bleibt es schwer, die persönliche Einstellung zu Kritik nach Richtungen auszuformen. Man nehme nur die professionelle Weisung: "Betrachte Kritik als Hilfe, deine Leistungen zu verbessern!" Ach, und überhöre gleichzeitig gefälligst die Beurteilung, deine Leistung bedürfe der Verbesserung!
Zwei Seiten einer Medaille, nicht wahr? Gewiss, man könnte selektiv nur die positiven Äusserungen wahrnehmen und die negativen mit kühler Verachtung strafen. Vedrängungsmechanismen, a la Anna Freud quasi. Aber lenkt das Prinzip Kritik nicht viel mehr von der eigenen Intention, sich mitzuteilen, ab? Und warum schreibe ich meine Gedanken nicht einfach nieder, um sie dann in den Tiefen meines Laptop Arbeitsspeichers ertrinken zu lassen, sondern veröffentliche sie, mehr oder weniger anonym? Vielleicht, weil der Mensch ein soziales Wesen ist, dass sich nach Aufmerksamkeit sehnt? Oder, weil wir ein Opfer der zeitgemässen - und schon fast hysterischen - Forderung nach Leistungsverbesserung sind? Beides klingt oberflächlich gesehen durchaus positiv, oder? Ok, da schimmert auch ein wenig Egoismus durch!
Aber, quid pro quo, ich schreibe und erwarte Feedback, so einfach kann das sein. Eventuell könnten sich die Kritiker dieser Welt aber auch gelegentlich auf die etwas älteren Vorstellungen von Ethik besinnen, Kardinaltugenden wie Mässigung zum Beispiel. Oder gilt das nur posthum?
Ich erinnere mich an meine Anfänge, die erste selbst geschriebene Geschichte. Ich war dermassen zufrieden mit meiner Arbeit, ich konnte mich nicht gegen das Bedürfnis wehren, sie anderen zu zeigen, also ab ins Net. Die Reaktion war überraschend schmeichelhaft, mir schwoll der Kamm ( metaphorisch gesprochen ). Die Motivation war da und ich folgte ihr, bis ich eines Tages eine buchstäblich niederschmetternde Kritik erhielt - witzigerweise mit dem Hinweis, man habe meine Geschichte aus moralischen Beweggründen zwar nicht gelesen, aber... etc. - und gab auf. Feige, richtig? Wie auch immer, ich halte Kritik für die Waffe der Allgemeinheit.
Nur, der Umgang mit Waffen erfordert Verantwortungsbewusstsein!
Deshalb möchte ich noch eine fünfte Möglichkeit, mit ihr umzugehen, hinzufügen: Sei Dir bewusst, dass es einfacher ist, Kritik an Bestehendem zu üben, als selber zu schaffen! Und vergiss nie, Du hast zwar das Recht, Deine Meinung zu äussern ( GG Art. 5 ), aber nicht die Pflicht dazu!

Interessanter Beitrag, und da es dein erster hier ist, an dieser Stelle erstmal herzlich willkommen im Forum. :rose:

Das Phänomen, welches du da ganz richtig ansprichst, scheint mir folgendes zu sein: Jeder, der sich zum kritisieren berufen fühlt (hier gibt es meines Wissens nach keinen echten Literaturkritiker in unserer Mitte, nur selbsternannte) kriegt dieses merkwürdige Kunststück der Disassoziation hin - er/sie spricht nicht für sich, sondern "die Leser", oder noch schlimmer "die echten Autoren" oder "die Fahnenträger guter Literatur" usw usf.

D.h. um ihre Kritik zu fundieren reicht ein sie störender Faktor, um zu einem Rundumschlag auszuholen. Ich habe das in einem anderen Thread schon einmal so ausgeführt: Das wenigste, was man für eine ernstzunehmende Kritik voraussetzen sollte, ist das tatsächliche Lesen von Beiträgen.

Es ist daher vermutlich am einfachsten, zwischen Kritik und Meinungen zu unterscheiden: Kritik beeinhaltet ein Verstehen und Ansetzen aus diesem heraus, Meinungen gründen sich auf irgendetwas, aber zumeist wenig auf das tatsächlich Gelesene, sondern mehr auf eine subjektive Reaktion auf vermeintlich Erkennbares.

Mit einer Pluralität von Meinungen wird man immer konfrontiert, nicht nur in der Literatur. Je nach Gusto kann man sie entweder so stehen lassen, oder sich darauf einlassen. Mit ersterem fährt man nach meiner Erfahrung deutlich besser.
 
Last edited by a moderator:
Entschuldige, wenn ich da jetzt ganz lapidar einhake, aber meiner Ansicht nach sind alle Bewertungen, die ich schreibe, Meinungen und keine Kritiken.
Und ich bemühe mich wirklich in jeder Bewertung etwas positivies unterzubringen und die negativen Dinge nich völlig arschig zu formulieren. Ich bemühe mich um ein wenig Objektivität, aber ich bin mir bewusst, dass ich letztlich bewerte wie es mir gefallen hat.
Und ich setze das auch bei anderen voraus.
Ich würde lachen, wenn jemand hier über mein Geschreibsel eine allgemeingültige Aussage treffen würde, die nicht haltbar ist.
Klar kann man allgemeingültig sagen, dass ein Wort falsch ist oder ein Ausdrucksstil komplex oder einfach, aber da hörts dann auch schon auf.

Ich muss allerdings dazu sagen, dass ich selbst echte Literaturkritiker nur so ernst nehme, wie es an ihrer Zielgruppe gemessen annehmbar scheint.
Soll heißen: Ein guter Literaturkritiker kann einschätzen, ob ein Text wahrscheinlich den Anklang seiner pseudo-intellektuellen Klientel treffen mag (auch wenn es oft genug so ist, dass ein Text nur deren Geschmack trifft, wenn ein kritiker sagt, es sei gut).
Das dürfte normal sein, denn der gute Kritiker kennt seine Zielgruppe schließlich. Das ist sein Job.
Ebenso kann ich für meine berufliche Zielgruppe (Goths) einschätzen, ob ein neuer Artikel in meinem Onlineshop wohl deren geschmack treffen könnte. Mit einer ähnlichen Trefferquote wie der Kritiker von maximal 50%... ;-)

Aber über diese zielgruppenorientierte Expertise hinaus (und selbst darin) ist auch die tollste Kritik doch immer subjektiv.
Und das ist auch gut so...

Schließlich stelle ich mir zuzüglich zu Toms Meinung, die ich durchaus nicht negieren will (seine Definition von Kreativität gefällt mir eigentlich) doch immer die Frage: Wir wirkt es.
Deswegen bitte ich ja auch um Bewertungen.
Und wenn man wirklich cool drauf ist (was ich auch gewiss noch nicht bin, wenn ich meine erste gedankliche Reaktion auf ein paar Mails bedenke), dann kann man gerade aus negativer Kritik interessante Erkenntnisse ziehen. Man muss nur dahinter kommen WESWEGEN jemand negativ bewertet hat. Möglicherweise wird dann sogar ein Lob draus (getreu dem Motto: Ich mag Idioten so wenig, dass ich mich freue, wenns ihnen nicht gefällt).
 
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